Es gibt sie noch, jene Filme, die man auf der großen Leinwand sehen sollte - nein: muss! LOVING VINCENT (2016) über den niederländischen Künstler Vincent van Gogh war so ein Kinoereignis der besonderen Art. Damals produzierte das polnische Regie-Duo Hugh und DK Welchman den ersten vollständig in Öl gemalten Animationsfilm. In einer fast absurd arbeitsintensiven Technik drehten sie den Film zunächst mit Schauspieler*innen und dann reproduzierten über hundert Maler*innen Szene für Szene in 65.000 Einzelbildern.

In DAS FLÜSTERN DER FELDER übertragen sie diesen Arbeitsprozess nun auf den Roman „Die Bauern“ des polnischen Literaturnobelpreisträgers Władysław Stanisław Reymont. Der Film erzählt ein episches Drama, das sich in einem Dorf im 19. Jahrhundert zuträgt. Im Zentrum steht die junge, schöne Jagna, deren Mutter sie im Tausch gegen sechs Hektar Land dem alten Witwer Maciej zur Frau verspricht. Es ist ein brutaler Ehevertrag - und Jagna bricht ihn bald, weil sie heimlich Maciejs Schwiegersohn Antek liebt. Als ihre Affäre ans Licht kommt, wendet sich das ganze Dorf gegen die junge Frau, die sich trotz allen Hasses, der ihr entgegenschlägt, immer wieder gegen die patriarchalische Welt auflehnt.

DAS FLÜSTERN DER FELDER erzählt eine bekannte Parabel über das Spannungsverhältnis zwischen privatem Begehren und öffentlicher Moral. Die Kunst liegt allein in der Animation, dem lebendigen Spiel aus Licht und Schatten, Farbe und Dunkelheit. Betörend ist der malerische Effekt vor allem im Wechsel der Jahreszeiten und in den Volkstanzszenen, die mit größter Sorgfalt und viel Energie inszeniert sind. Zwar erschöpft sich der Zauber im Verlauf der Handlung, je mehr sich das Auge an die gemalten Bilder gewöhnt, aber ein sinnliches, visuelles Erlebnis bleibt der Film bis zum Schluss.

Pamela Jahn