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Das brandneue Testament

Begeht Gott Blasphemie, wenn er nicht an sich glaubt?

„God is a DJ“ behauptete ein Hit der späten 90er. „God is a girl“ ein anderer. In Jaco von Dormael neuestem Film ist nichts davon der Fall. Hier ist Gott (Benoît Poelvoerde, MANN BEIßT HUND) ein cholerischer, verbitterter Tyrann, der in einer kleinen Wohnung in einem Brüsseler Hochhaus seine Frau und Tochter Ea terrorisiert und nichts lieber tut als sich Ultimate Fighting im Fernsehen anzuschauen.

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„God is a DJ“ behauptete ein Hit der späten 90er. „God is a girl“ ein anderer. In Jaco von Dormael neuestem Film ist nichts davon der Fall. Hier ist Gott (Benoît Poelvoerde, MANN BEIßT HUND) ein cholerischer, verbitterter Tyrann, der in einer kleinen Wohnung in einem Brüsseler Hochhaus seine Frau und Tochter Ea terrorisiert und nichts lieber tut als sich Ultimate Fighting im Fernsehen anzuschauen oder mittels seines allmächtigen Computers den Menschen das Leben so unangenehm wie möglich zu machen. Kein Wunder, daß Eas Bruder, J.C., schon vor langer Zeit genug hatte und abgehauen ist. Nun plant auch Ea den Aufstand, schleicht sich ins Büro ihres Vaters, um dort in „Aktion Deathleak“ allen Menschen per SMS ihre verbleibende Lebenszeit zuzuschicken. Danach reist sie durch ein verstecktes Portal auf die Erde, um sich dort sechs eigene Jünger zu suchen und mit ihnen ein ganz neues Testament zu schreiben. Das kann der Alte natürlich nicht auf sich sitzen lassen und nimmt die Verfolgung auf.
DAS BRANDNEUE TESTAMENT ist ein Film aus zwei Teilen. Einerseits ist da die Groteske des badebemantelten Gottes, der seine Umwelt durch Furcht beherrscht und im Laufe des Filmes zunehmend merkt, daß er vielleicht gar nicht so mächtig ist. Die Symbolik ist da offensichtlich (Yolande Moreaus Gottesgattin ist ein fast stummes, eingeschüchtertes Hausmütterchen) und auch ein Hauch von häuslicher Gewalt macht das Ganze nicht wirklich dramatisch. Andererseits erinnert Eas Suche nach ihren Jüngern in seinem magischen Realismus an AMELIE. Jedem Menschen wohnt hier buchstäblich ein Lied inne, das seine oder ihre geheimen Sehnsüchte beschreibt, und die durch Eas Einfluss zum Ausdruck kommen. Das ist natürlich auch nichts wirklich neues, aber stimmig umgesetzt und dank einiger psychedelischer Einfälle sieht man auch gerne über ein paar etwas holprige Wendungen hinweg, wenn sich die beiden Handlungshälften zum großen Finale vereinen.
Insofern ist diese Komödie in jedem Fall eine Sünde wert.

Christian Klose

Details

Originaltitel: Le tout nouveau testament
Frankreich/Belgien/Luxemburg 2014, 115 min
Genre: Komödie
Regie: Jaco van Dormael
Drehbuch: Jaco van Dormael, Thomas Gunzig
Kamera: Christophe Beaucarne
Schnitt: Hervé de Luze
Verleih: NFP
Darsteller: Catherine Deneuve, Benoît Poelvoorde, Yolande Moreau, Pili Groyne, Romain Gelin
FSK: 12
Kinostart: 03.12.2015

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