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Kantige Kaiserin

Marie Kreutzer zeichnet ein strenges, kantiges und bisweilen schmerzliches Bild der Kaiserin Elisabeth. Vicky Krieps spielt Elisabeth als eine Frau von Format, die zunehmend mit den Erwartungen und Beschränkungen zu kämpfen hat, die an sie gestellt werden.

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Erst kippt sie langsam nach hinten, dann verdrehen sich ihre Augen. Und dann, im richtigen Augenblick, komme es darauf an, das Gleichgewicht zu verlieren und glaubhaft zu Boden zu fallen. So spielt es Elisabeth (Vicky Krieps) ihrem Großcousin Ludwig II. (Manuel Rubey) unter vier Augen noch einmal vor, nachdem ihr ein gekonnt vorgetäuschter Ohnmachtsanfall bei einem öffentliche Auftritt mit ihrem Gatten Franz Joseph (Florian Teichtmeister) geholfen hat, sich ihrer kaiserlichen Pflichten zu entziehen. Es sind derlei Tricks sowie ihr Mut zur Verweigerung und Rebellion, die die Kaiserin von Österreich seit langem vor der völligen Verzweiflung bewahren. Aber einfach ist ihr höfisches Leben im Winter 1877 trotzdem nicht. Schon gar nicht jetzt, mit vierzig, zumal sie nun quasi zum alten Eisen gehört.

Marie Kreutzer setzt genau an diesem Punkt in die Geschichte ein und zwar mit einem Film, der auch künstlerisch eine erfrischende, faszinierende Antihaltung an den Tag legt, so wie die Monarchin, um die sich alles dreht. Vicky Krieps spielt Elisabeth als eine Frau von Format, die zunehmend mit den Erwartungen und Beschränkungen zu kämpfen hat, die an sie gestellt werden. Empfänge, Abendessen, das ganze Zeremoniell, all das ist ihr schon lange lästig, weshalb sie auch gerne mal mittendrin aufsteht, umfällt, oder zum Ärger ihres Mannes erst gar nicht erscheint. Sowieso ist sie viel lieber auf Reisen, oder noch lieber: bei ihren Pferden, denn ein Ausritt ins Freie lässt sie immer noch besser abschalten als jedes Rauschmittel, dem sie sich hingibt, wenn der Druck und die Wut im Bauch mal wieder überhandnehmen.

Es ist ein strenges, kantiges und bisweilen schmerzliches Bild, dass die österreichische Regisseurin hier von der Kaiserin zeichnet. Elisabeths Farbe der Wahl ist lila, aber es könnte genauso so schwarz sein. Belebt wird das Geschehen durch einen großartigen Soundtrack und einen herrlich subtilen Humor und vor allem durch die berauschend wilde, einerseits ungeniert ausscherende und zugleich extrem kontrollierte Darbietung von Krieps, die sich bei aller Widerständigkeit trotzdem tagtäglich in ihr Korsett zwingt und einen Moment lang den Atem anhält, bis sie sich selbst und ihren Körper wieder ganz im Griff hat. Ihr Auftritt ist so kühn wie Kreutzers Films, der sich den festen Zwängen eines historischen Biopics in jeder Einstellung und mit Nachdruck entzieht.

Pamela Jahn

Details

Österreich/ Deutschland/ Luxemburg/ Frankreich 2022, 113 min
Genre: Drama, Historienfilm
Regie: Marie Kreutzer
Drehbuch: Marie Kreutzer
Kamera: Judith Kaufmann
Schnitt: Ulrike Kofler
Verleih: Alamode Film
Darsteller: Vicky Krieps, Colin Morgan, Finegan Oldfield
FSK: 12
Kinostart: 07.07.2022

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