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Close

Etwas verschiebt sich

Leo und Remi, beide 13 Jahre alt, sind beste Freunde und stehen sich nah wie Brüder. Sie sind unzertrennlich, vertrauen sich und teilen alles miteinander. Mit dem Ende des Sommers und dem Wechsel auf eine neue Schule gerät ihre innige Verbundenheit plötzlich ins Wanken – mit tragischen Folgen.

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Der zweite Spielfilm des belgischen Regisseurs Lukas Dhont taucht wie sein Debüt GIRL in die nicht immer einfache Welt Jugendlicher ein. Im Drama CLOSE behandelt er den Suizid eines 13-jährigen. Leo (Eden Dambrine) und Remi (Gustav De Waele) sind beste Freunde, und Leo übernachtet fast täglich bei Remi. Leo, dessen Eltern riesige Blumenfelder bewirtschaften, ist eigentlich schon ein Teil von Remis Familie. Bis sich irgendetwas zwischen den beiden verschiebt. Remi wird Leo zu viel. Er will ständig an seiner Seite sein. Auch da, wo Leo ihn nicht haben will. Zum Beispiel beim Hockey-Training. Nach einem Streit kommt Remi nicht mehr in die Schule.

Leo kämpft mit Schuldgefühlen, mit Scham gegenüber Remi und seiner Familie. Gerade auf dem Sprung zum (männlichen) Teenager, denkt Leo, dass er da allein durch muss und setzt auf Wut. Auf die Erwachsenen, die mit Stuhlkreisen in der Schule oder am Abendessentisch Trauerbewältigung anstreben, angesichts der Tragödie aber selbst hilflos erscheinen. Leo, der Sportler, findet ein Ventil im Körperlichen. Er powert sich beim Hockeyspielen aus. Arbeitet bis in die Nacht auf den elterlichen Feldern, schneidet Dahlien und erntet ihre Zwiebeln als Saatgut. Leo der stille Held. Der alles mit sich ausmacht. In den atmosphärischen Bildern wirkt Leo aber fehl am Platz, wenn er durch regnerische Nächte läuft oder wie ein Besessener Blumenzwiebeln rupft. Als müsste da jetzt eigentlich ein erwachsener Mensch an seiner Stelle stehen, denn wie soll ein Kind das so bewältigen?

CLOSE seziert schmerzhaft Leos Gefühlswelt, ergötzt sich aber nicht am Thema. Immer in Leos Perspektive, erfahren wir nur so viel wie er. Tasten uns mit ihm durch das, was passiert ist und zu dem, was wirklich hilft, um weiterzumachen - so wie die zarten Dahlien, die im Frühling wieder aus den Zwiebeln treiben.

Clarissa Lempp

Details

Belgien/Niederlande/Frankreich 2022, 105 min
Genre: Drama
Regie: Lukas Dhont
Drehbuch: Lukas Dhont, Angelo Tijssens
Kamera: Frank van den Eeden
Schnitt: Alain Dessauvage
Musik: Valentin Hadjadj
Verleih: Pandora Film
Darsteller: Léa Drucker, Kevin Janssens, Émilie Dequenne, Igor van Dessel
FSK: 12
Kinostart: 26.01.2023

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