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Brainwashed: Sex-Camera-Power

Der männliche Blick ist überall

Nina Menkes deckt die patriarchalen Erzählstrukturen des Kinos auf. Sie zeigt wie sich hinter Szenenüberblendungen, Bildausschnitten, Kamerabewegung oder Beleuchtung die Wahrnehmung von Frauen auf der Leinwand beeinfl, ussen.

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In der feministischen Filmanalyse taucht immer wieder der Begriff Male Gaze auf, der männliche Blick. Aber was bedeutet das eigentlich genau? In BRAINWASHED: SEX-CAMERA-POWER, der auf der 72. Berlinale in der Reihe Panorama zu sehen ist, analysiert die Filmemacherin, Dozentin und Produzentin Nina Menkes aus Kalifornien basierend auf ihrem Vortrag „Sex and Power: The Visual Language of Cinema“ ausführlich den Male Gaze im Film. Anhand zahlreicher Filmausschnitte aus bekannten Filmen wie Fritz Langs METROPOLIS, Alfred Hitchcocks VERTIGO und DAS FENSTER ZUM HOF, Orson Welles' DIE LADY VON SHANGHAI, Adrian Lynes LOLITA, Sam Mendes' AMERICAN BEAUTY, Louis Malles PRETTY BABY, Sofia Coppolas LOST IN TRANSLATION oder Wim Wenders' PARIS, TEXAS und anhand von Thesen der Filmtheoretikerin Laura Mulvey zeigt Menkes auf, wie der männliche Blick zum Beispiel durch Kamerafahrten wie den Schwenk über den weiblichen Körper, gern in Slow Motion, oder durch Lichtsetzung entsteht, die dem weiblichen Gesicht im Gegensatz zum männlichen die Konturen und Schatten nimmt. Eine beliebte Technik ist auch, nur Fragmente des weiblichen Körpers zu zeigen und den Mann als Subjekt zu inszenieren, der die – passive – Frau beobachtet, wodurch sie objektifiziert wird. (Halb)nackte Männerkörper, so sie denn überhaupt im Film vorkommen, sind dagegen fast immer komplett und in Aktion zu sehen.

Neben Nina Menkes selbst berichten viele in der Filmbranche tätige Frauen von ihren Erfahrungen vor und nach #MeToo, vor allem in Hollywood, und analysieren den Male Gaze vor dem Hintergrund vorherrschender Machtstrukturen. Laut einer Studie, die Menkes zitiert, haben 94 Prozent der in Hollywood tätigen Frauen, ob vor oder hinter der Kamera, bereits sexualisierte Belästigung oder Gewalt erlebt. Darüber hinaus sind es auch vor allem Männer, die darüber entscheiden, welche Filme gesehen werden. So schildert etwa Eliza Hittman, wie schwierig es war, eine:n Agent:in und eine:n Verleiher:in für ihren – mittlerweile vielfach preisgekrönten – Film NIEMALS SELTEN MANCHMAL IMMER zu finden. „Das ist nicht das, wonach ich suche“, sagten ihr – männliche – Agenten. Mit BRAINWASHED: SEX-CAMERA-POWER gibt Nina Menkes einen so spannenden wie erschütternden Einblick in die immer noch männlich dominierte Filmindustrie und zeigt auf, wie sich diese patriarchalen Strukturen durch den Male Gaze im Film spiegeln, was wiederum einen Einfluss auf das Verhalten des Filmpublikums hat und Misogynie und sexualisierte Gewalt fördert. Menkes schärft auf anschauliche Weise den Blick und ermöglicht den Zuschauer:innen, Filme in Zukunft mit anderen, kritischeren Augen zu sehen.

Stefanie Borowsky

Details

USA 2022, 107 min
Sprache: Englisch
Genre: Dokumentarfilm, Vortrag mit Filmbeispielen, Film übers Filmemachen
Regie: Nina Menkes
Verleih: Unbekannt
Kinostart: 18.02.2022

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