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Blix Not Bombs

Rädchen der Geschichte

In BLIX NOT BOMBS befragt die Regisseurin Greta Stocklassa den ehemaligen UN-Waffeninspekteur Hans Blix nach seiner Erinnerung an die Anbahnung der Irak-Invasion durch die “Koalition der Willingen”, und nach den Lehren aus der Geschichte für heute.

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Die schwedische Regisseurin Greta Stocklassa war gerade acht Jahre alt geworden, als mit den Anschlägen des 11. Septembers 2001 für sie das Gefühl einer friedlichen Welt ein Ende fand. Die Anschläge wurden schnell als Rechtfertigung genommen, um eine Invasion des Irak vorzubereiten. Unter Leitung des schwedischen Diplomaten Hans Blix wurde ein Inspektionsteam der UN dorthin geschickt, um zu beweisen oder zu widerlegen, dass das Land die Massenvernichtungswaffen besitzt, die die US-Regierung dort vermutete. Stocklassa lässt Blix selbst von seiner kniffligen Arbeit erzählen und illustriert das Interview mit viel Dokumentarmaterial aus der Zeit. Eine Datierung durch „Tage/Wochen bis zur Invasion“ lässt aber keinen Zweifel daran, dass die Inspektoren die Invasion der „Coalition of the Willing“ niemals hätten verhindern können oder sollen. Der Frage, ob er trotzdem hätte mehr machen können, weicht Blix geschickt aus.
Zwischen den Erinnerungen zeigt sich der 94-Jährige als typischer Rentner, der Vögel füttert, jetzt wie früher noch selbst einkaufen geht, und in Erwartung seines Todes Papiere aussortiert. Er hat seinen Teil getan. Der Film schlägt den Bogen ins Jetzt, wo sich ähnliche Dynamiken wie 2003 potenziert wieder anfinden, ein Krieg stattfindet und Recht haben keine Frage von Wissen, sondern von Macht ist. Stocklassa will den apokalyptischen Fatalismus, der sich bis hierher durch den Film gezogen hat, nicht mehr akzeptieren und fragt den alten Diplomaten um Rat. Der hat noch Hoffnung und auch Vorschläge, aber es sind keine, die der jungen Regisseurin komplett zusagen. BLIX NOT BOMBS erzählt packend ein Kapitel aus der nahen Vergangenheit und erinnert daran, dass Geschichte nie endet und immer noch beeinflusst werden kann, egal wie überwältigend die Gegenwart gerade wirkt.

Bernhard Lommel

Details

Tschechien/Deutschland/Schweden 2023, 75 min
Genre: Dokumentarfilm, Porträt
Regie: Greta Stocklassa
Drehbuch: Greta Stocklassa
Schnitt: Alan Sýs
Verleih: CineGlobal
Kinostart: 18.05.2023

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