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Blind & Hässlich

Einfach mal laufen lassen

Jona flieht vor ihren Abiprüfungen zu ihrer blinden Cousine nach Berlin. Um ein Zimmer im Behindertenwohnheim zu ergattern, mimt Jona die Blinde. So lernt sie den soziophoben Ferdi kennen, der sich der vermeintlich sehbehinderten Ausreißerin öffnet...

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Manchmal muss man die Dinge einfach laufen lassen und dann passiert halt was, meint Regisseur und Hauptdarsteller Tom Lass einmal in BLIND & HÄSSLICH. Und beschreibt damit genau die Strategie deutscher Mumblecorefilme, die auf improvisierte Dialoge und zwischenmenschliche Kabbeleien setzen. Wie in fast jedem Improfilm tragen nicht alle der spontanen Ideen und Dialoge zur Handlung bei, doch der radikale Einsatz von Jump Cuts dämmt den Leerlauf ein. Lass spielt den soziophoben Ferdi, der im betreuten Wohnen landet. Sein Problem: Er kann überhaupt nicht mit Menschen. Unterdessen flüchtet Jona (Naomi Achternbusch) vor ihren Abiprüfungen zu ihrer blinden Cousine (Clara Schramm) nach Berlin. Um ein Zimmer im Behindertenwohnheim zu ergattern, mimt Jona die Blinde. So lernt sie Ferdi kennen, der sich der vermeintlich sehbehinderten Ausreißerin öffnet. Doch wie lang kann Jona ihr Blindsein vortäuschen? Und wie weit kann Ferdi aus seiner Haut? Tom Lass schielt nicht auf den nächsten Gag, sondern bleibt in Close-Ups nah bei den Figuren, die schräge Typen sind, aber nie vorgeführt werden. Umso entscheidender ist die Besetzung. Die Chemie zwischen Lass und Naomi Achternbusch stimmt jedenfalls und trägt die auf den ersten Blick nicht unbedingt glaubwürdige Grundidee. In Cameos schauen zig Protagonisten des jungen Kinos vorbei, darunter Axel Ranisch (ALKI ALKI), Karin Hanczewski (LOTTE), Martina Schöne-Radunski (LUCA TANZT LEISE) und Toms Bruder Jakob (LOVE STEAKS). Neben der Lust am freien Schauspiel zeigt Tom Lass inszenatorisches Stilbewussten, wenn die Musik unvermittelt ein- oder aussetzt und die Montage feine Zwischentöne erzeugt. Die stärkste Szene ist bei aller Impro eine komplett wortlose und daher sehr filmische: Ein Streit, den Lass in einer genial montierten Sequenz verdichtet, die allein mit Bildern und Schnitten alles sagt.

Christian Horn

Details

Deutschland 2017, 100 min
Genre: Drama, Komödie
Regie: Tom Lass
Drehbuch: Tom Lass, Ilinca Florian
Kamera: Jieun Yi
Schnitt: Tom Lass, Maja Tennstedt
Musik: Leonard Petersen, David Scheler
Verleih: Daredo Media/Darling Berlin
Darsteller: Eva Löbau, Tom Lass, Naomi Achternbusch, Clara Schramm
FSK: 12
Kinostart: 21.09.2017

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IMDB

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