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Birds of Passage – Das grüne Gold der Wayuu

Träume von Straßen, die ins Nichts führen

BIRDS OF PASSAGE erzählt in fünf Cantos die auf Tatsachen beruhende Geschichte vom Aufstieg und Fall der kolumbianischen Wayuu, die 1960, vor dem Beginn der Kartelle, in den Drogenhandel einsteigen.

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Die Wayuu sind eine kolumbianische Volksgruppe, die die Guajira-Wüste im Norden des Landes bewohnt. Ihr Leben bestreiten sie als Hirten, nach streng traditionellen Regeln, und auch sonst wollen sie lieber möglichst wenig mit den „Alijuna“, den europäischstämmigen Außenseitern, zu tun haben. Rapayet ist einer, der die beiden Welten verbindet. Er ist ins Dorf zurückgekehrt, um der Initiation von Zaida beizuwohnen, die nach einem Jahr der Klausur in die Dorfgemeinschaft aufgenommen werden soll. In einer Tanzzeremonie, die dem Balzen großer Vögel ähnelt, macht er ihr einen Antrag. Ihre Mutter Ursula, eine der einflussreichsten Matriarchinnen der Region, setzt das Brautgeld so hoch an, dass Rapayet nur eine Lösung sieht: Auf der Plantage seines Cousins baut er Marihuana an und verkauft es im großen Stil an Amerikaner…

BIRDS OF PASSAGE erzählt in fünf Cantos die auf Tatsachen beruhende Geschichte vom Aufstieg und Fall der Wayuu zwischen 1960 und 1980. Schon bevor sie in den Drogenhandel einsteigen, ähneln ihre Familienstrukturen denen, die man aus Filmen wie DER PATE kennt. Dabei wird unter den Stammesältesten den Frauen eine Position zugestanden, von der Connie Corleone nur träumen kann. Ursulas Macht basiert auf ihrer Fähigkeit, prophetische Träume zu deuten. Selbst, als er schon in einem modernen Haus wohnt, das einsam und unpassend mitten in der Wüste steht, hört Rapayet noch auf die Prophezeiungen seiner Schwiegermutter und bittet um ihren Beistand. Das Unheil, das die Familie zerstört, ist nicht einfach das Vergessen der alten Regeln oder der äußere Einfluss der Moderne. Das Unheil geht wie ein Fluch von der Familie selbst aus, und um es in Schach zu halten, müssen der Besuch der Zugvögel gedeutet und die Geister der Getöteten beschwichtigt werden.

Nach den schwarz-weißen Bildern in DER SCHAMANE UND DIE SCHLANGE malt das Regieduo Ciro Guerra und Cristina Gallego in BIRDS OF PASSAGE mit kräftigen Farben. Das Mystische versteckt sich hier nicht in den Schatten, sondern findet sich in den Träumen von Straßen, die ins Nichts führen, und Vögeln, die über Teppiche huschen. Wie in Shakespeares MACBETH ist die Frage, ob diese Träume Teil einer magischen Welt oder einfach nur die spezielle Schönheit der profanen sind, Interpretationssache und liefert der Geschichte eine weitere Ebene. Die Besetzung mischt gestandene Theaterprofis wie Carmina Martinéz (Ursula), Newcomer wie Natalia Reyes (Zaida) und Laiendarsteller*innen.

Christian Klose

Details

Originaltitel: Pájaros de verano
Dänemark/Kolumbien 2018, 125 min
Sprache: Spanisch
Genre: Drama, Krimi, Familientragödie
Regie: Cristina Gallego, Ciro Guerra
Drehbuch: Maria Camila Arias, Jacques Toulemonde Vidal
Kamera: David Gallego
Schnitt: Miguel Schverdfinger
Musik: Leonardo Heiblum
Verleih: MFA+
Darsteller: Natalia Reyes, Carmiña Martínez, José Acosta
FSK: 12
Kinostart: 04.04.2018

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