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Berlin Excelsior

Der anonyme Berliner Stahlbetonbau "Excelsior" ist für viele seiner Bewohner bloß ein Zwischenaufenthalt: Die Doku zeigt Menschen, denen vieles fehlt, und solche, die nicht viel mehr wollen.

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Was wie ein Luxushotel vergangener Tage klingt, nach Plüsch und gereiften Vorhängen, ist ein brutalistischer Wohnriegel in der Nähe des Anhalter Bahnhofs. Überwiegend „sozial“ also finanziell schwache Bewohnerinnen und Bewohner leben hier. Die quadratischen Schwenkfenster mit der Achse exakt in der in der Fenstermitte machen einen skurrilen aber auch sehr klapprigen Eindruck. Die Flure sind in einem frischen Grün gestrichen, das wohl Vertrauen vermitteln soll, aber einen Mord im Hausflur nicht verhindern konnte. Die Wohnungen sind winzig und identisch: Kochnische, Couch, Fernseher. Nur bei Charlie stehen Zimmerpflanzen und Rattanmöbel und verbreiten einen Hauch Orangerie.

BERLIN EXCELSIOR porträtiert, oder vielmehr, beobachtet, einige der Mieter*innen, begleitet sie bei Dates und Treffen mit Freunden und arrangiert Begegnungen mit den anderen Protagonist*innen. Letztere sind am unterhaltsamsten - etwa wenn Norman, der Erzieher mit Berliner Schnauze auf die volatile Heilerin im Nebenjob trifft: „Dit funktioniert?“, oder wenn Richard, der gutgelaunte Ex-Unternehmer, den Start-Up-Jungs ihre Pläne madig macht - haben aber auch einen Hauch von Sozial-Experiment und Voyeurismus. Aus sicherer Distanz beobachten wir mit Filmemacher Erik Lemke, wie sich die Protagonist*innen abrackern. Sehr oft geht es dabei um Geld, denn fast alle wünschen sich ein besseres Leben als eine Würfelwohnung im Excelsior und tüfteln an Wegen aus der Misere. Doch weder das Start-up, noch die Model-Karriere noch der Escort-Service machen einen sehr erfolgversprechenden Eindruck. Alle sind spät dran für eine steile Karriere und das Exzelsior mit seiner Atmosphäre von Endstation, die keiner auf dem Zettel hatte, ist kein guter Ausgangspunkt. Die Erfolgsverwöhnten sehen anders aus. Man trifft sie in der Panorama-Bar im 13. Stock.

Toni Ohms

Details

D 2017, 91 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Erik Lemke, Andre Krummel
Drehbuch: Erik Lemke, Andre Krummel
Verleih: PANDORA
FSK: oA
Kinostart: 29.11.2018

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