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Belluscone – Warum die Italiener Berlusconi lieben

Wir sind alle Freunde hier

Der Satiriker Franco Maresco untersucht die neapolitanisch-sizilianische Mafiakultur und ihre Verbindungen zu Berlusconi, dem Sänger aus dem Stall des „Impressarios“ Ciccio Mira das Lied „Ich möchte gerne Berlusconi treffen“ gewidmet haben. Die Typen, denen er dabei begegnet, sind so seltsam, dass sie eigentlich nicht echt sein können. Sie sind es aber.

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Silvio Berlusconi hat in den siebziger Jahren 20 Milliarden Lire für den Aufbau des Privatfernsehens vom 1981 ermordeten Paten Stefano Bontade erhalten. Regisseur Franco Maresco gelingt es, den Mafiosi und Politiker Marcello Dell´Utri zu Aussagen über die Geschichte zu bewegen - aber im entscheidenden Moment fällt das Tonaufnahmegerät aus. In seinem mit zahlreichen ironischen Volten versehenen Film BELLUSCONI geht es daher am Ende weniger um die Fakten der Mafia-Kontakte Berlusconis, als um die Mafia-Kultur in Sizilien, die Berlusconi weiter frenetisch feiert und unterstützt. Maresco begegnet dabei zum Beispiel dem „Impressario“ Ciccio Mira, der Straßenfeste mit „neomelodischen“ Sängern – Gangsterschlager im Stil von Helene-Fischer-Trottelpop - vor den Häusern von Mafiabossen organisiert. Mira ist eine sehr spezielle Nummer. Bei jeder Frage nach der Mafia ist eine Viertelsekunde bevor er spricht, die Lüge, die gleich über seine Lippen kommen wird, in den Augen zu sehen. Es macht Spaß ihm dabei zuzusehen, wie er sich windet, vor sich hin fabuliert, mit dem ganzen Körper aus- und zurückweicht, wenn ihm Fragen unbequem sind. Seine Sänger senden unverhohlen Grüße an die „Gäste des Staates“ – die inhaftierten Mafiosi. Auf seinen Straßenfesten finden alle Befragten die Mafia klasse, aber Mira erzählt nur, das „wir hier alle Freunde sind“ und das Berlusconi „viele Freunde hat“. Mira wirkt so irrsinnig korrupt, dass ich erst einmal nachsehen musste, ob der Mann überhaupt echt ist. Er ist echt, und offenbar alle anderen Figuren in diesem furchtbar komischen Film, der einen mit einem ungläubigen Kopfschütteln zurücklässt, ebenfalls.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: Belluscone. Una storia siciliana
Italien 2014, 95 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Franco Maresco
Drehbuch: Franco Maresco, Claudia Uzzo
Kamera: Luca Bigazzi, Tommaso Lusena, Irma Vecchio
Schnitt: Franco Maresco
Verleih: Daring House
Kinostart: 23.04.2015

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