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Belleville. Belle et rebelle

Hemmungslos nostalgisch

Belleville ist ein Quartier in Paris, das vor allem von Exilanten und Auswanderern des 20. Jahrhunderts bewohnt wird, von heute sehr französischen Spaniern und Nordafrikanern. Sie treffen sich im „Vielle Belleville“, eine der letzten „Bars Musettes“.

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Die schöne schwarzweiße Kinematografie in Daniela Abkes Film BELLEVILLE: BELLE ET REBELLE erinnert an die Straßenfotografie von Robert Doisneau, der auch in Belleville fotografierte, und an Eugene Atgets frühe Fotografien von Paris. BELLEVILLE ist ein hemmungslos nostalgischer Film, beinahe ein Thesenpapier über die Kraft der Nostalgie. Ein alter Anarchist und Scheckfälscher, der Baske Lucio Urtubia, ist der erste Seelenführer, der die Kamera in die Bar „La Vielle Belleville“ führt, dann auf den Friedhof Père-Lachaise, zu den Gräbern der Gefallenen der Pariser Commune und ihrer Dichter. Lucio singt am Grab Eugene Pottiers eine Strophe der „Internationale“, und am Grab von Jean-Baptiste Clément dessen Lied „La temps de cerises“ über Liebe und Revolution, gemeinsam mit seinem Begleiter Robert Bober, einst Regieassistent von François Truffaut. Belleville ist ein Quartier in Paris, das vor allem von Exilanten und Auswanderern des 20. Jahrhunderts bewohnt wird, von heute sehr französischen Spaniern und Nordafrikanern. Sie treffen sich im „Vielle Belleville“, eine der letzten „Bars Musettes“. Abends singen der Drehorgelspieler Riton la Manivelle oder die ehemalige Sportlehrerin Minette mit den Gästen gemeinsam alte französische Chansons, aber auch Lieder vergangener Revolutionen und Rebellionen. Draußen spielen die Schwarzen Jungs Fußball, drinnen sitzen die älteren weißen Franzosen, träumen und tanzen den Valse Musette.
BELLEVILLE träumt von einer linken, revolutionären oder wenigsten rebellischen Gemeinschaft, die es so eigentlich nicht mehr gibt. Aber die Rebellion ist hier nicht nur Pose. Lucio kämpft für die Freilassung der ETA-Angehörigen Lorentxa Beyrie, was 2021 auch gelang. Die Bar Musette hält Träume am Leben. Das mag nicht alles sein, aber es ist mehr als nichts. BELLEVILLE lädt, zur Länge eines Liedes von Fréhel, zum Mitträumen ein.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: Belleville belle et rebelle
Deutschland/Frankreich 2021, 98 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Daniela Abke
Drehbuch: Daniela Abke
Kamera: Isabele Casez
Schnitt: Sebastian Winkels, Daniela Abke
Verleih: Real Fiction
Kinostart: 13.10.2022

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