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Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann

Hinlänglich bekannt

Regisseur André Schäfer unternimmt eine spielerische Annäherung an das literarische Nationalheiligtum Thomas Mann über dessen Werk.

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In dem Fragment gebliebenen Roman „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ persifliert Thomas Mann gewitzt anhand des titelgebenden Protagonisten das gemeine Wesen des Kunstschaffenden. Und wie bei vielen anderen großen Schriftsteller*innen liegt auch hier die Versuchung nahe, den Text als Schlüsselroman zu deuten, in dem sich sein Schöpfer auf verklausulierte Weise selbst darstellt und zu psychologisierenden Lesarten ermuntert. Ob und inwieweit sich die Figur des Felix Krull – der verführerisch schöne Sprössling eines Schaumweinfabrikanten, der durch diverse Gaunereien die Sprossen der sozialen Leiter erklimmt – also auf seinen Erzeuger übertragen lässt, ist und bleibt reine Spekulation, für die man in jedem seriösen Germanistik-Seminar eins auf den Deckel kriegen würde. Der Mehrwert ist zweifelhaft. Regisseur André Schäfer kümmert das wenig, und er wagt trotzdem spielerisch die Annäherung an das literarische Nationalheiligtum Thomas Mann über dessen Werk. In dokumentarisch-essayistischer Form darf man den Schauspieler Sebastian Schneider in queeren Outfits als eine Art alter ego von Felix Krull beim Lustwandeln über die Strände der amerikanischen Westküste, beim Porträtiert-Werden im Atelier oder bei anderen Ausdrucksformen der poetischen Vertiefung beobachten. Währenddessen werden Passagen aus dem Roman rezitiert und Archivaufnahmen der Familie Mann, des Zweiten Weltkriegs und der Exilzeit in den USA zwischengeblendet. Dieses Mosaik entdeckt nichts über Thomas Manns künstlerisches Selbstverständnis, heimliches Begehren hinter der bildungsbürgerlichen Fassade oder sein Verhältnis zur eigenen Familie, was nicht bereits hinlänglich bekannt wäre. So birgt der Dokumentarfilm also vor allem das Potenzial, künftige Deutsch-Leistungskurse in den Schlaf zu lullen.

Nathanael Brohammer

Details

Deutschland 2024, 91 min
Genre: Dokumentarischer Film, Drama, Biografie
Regie: André Schäfer
Drehbuch: André Schäfer
Kamera: Janis Mazuch
Schnitt: Fritz Busse
Musik: Daphna Keenan
Verleih: mindjazz
Darsteller: Sebastian Schneider, Nils Rovira-Munoz
Kinostart: 07.11.2024

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Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann

Deutschland 2024 | Dokumentarischer Film, Drama, Biografie | R: André Schäfer

Regisseur André Schäfer unternimmt eine spielerische Annäherung an das literarische Nationalheiligtum Thomas Mann über dessen Werk.

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