Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Back for Good

Provinz statt Dschungelcamp

Angie - wasserstoffblond, solariumgebräunt, fitnessstudiogestählt und von einer Teilnahme im TV-Dschungelcamp träumend - muss aus Geldmangel zu ihrer Mutter in die Provinz zurück ziehen, nur vorübergehend natürlich, bis der Fernsehruhm sich einstellt.

Mehr

Solche Protagonisten sind selten: Mia Spenglers Langfilmdebüt lebt und kämpft mit Angie. Wasserstoffblond, solariumgebräunt und fitnessstudiogestählt stöckelt sie durchs Leben, größte Ambition: Teilnahme am nächsten TV-Dschungelcamp, größtes Problem: Drogenentzug hinter sich und kein Geld. Sie muss zurückziehen zu ihrer Mutter in die Provinz, nur vorübergehend natürlich, bis der Fernsehruhm sich einstellt. Die Begeisterung bei beiden Frauen ist gering, nur Angies pubertierende Schwester Kiki freut sich.
Die Entscheidung, aus Angies Perspektive zu erzählen ist originell. Meist ist man schnell dabei, solche Figuren abzutun: C-Promi, Luder, billig – abwertende Attribute für Frauen wie Angie gibt es viele. Mia Spengler interessiert die Motivation, die Angie antreibt, und der Blick hinter die Fassade gelingt: Angies Weltsicht zwischen kaputtem Selbstwertgefühl, dem Drang der Provinzenge zu entfliehen und einer fast „unkaputtbaren“ Stehauf-Mentalität kommt einem nach einer Weile gar nicht mehr so verquer vor. Mia Spengler schildert eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung zwischen Liebe und Verachtung, die unter Druck umgestaltet werden muss. Als die Mutter nicht mehr funktioniert, wird Angie gezwungen, neue Seiten an sich zu entdecken: Nie ist sie lebenstüchtiger als in der Fürsorge für die kleine Schwester. Die Konfrontation von Möchtegern-Starruhm mit der Provinzrealität ist oft tragikomisch. Aber Spengler interessiert sich für ihre Figuren und betrachtet sie mit Wärme. Dabei helfen ihr die großartigen Schauspielerinnen: Kim Riedle als Angie und Juliane Köhler als beeindruckend biestige Mutter Monika. Der Debütfilm schafft es nicht ganz, über 90 Minuten die Spannung zu halten, zeitweise stagniert er etwas. Doch das Ende überrascht mit neuen Perspektiven.

Susanne Stern

Details

Deutschland 2017, 91 min
Genre: Komödie, Drama
Regie: Mia Spengler
Drehbuch: Stefanie Schmitz, Mia Spengler
Kamera: Falko Lachmund
Schnitt: Linda Bosch, Gregory Schuchmann
Musik: Marc Fragstein
Verleih: NFP
Darsteller: Kim Riedle, Leonie Wesselow, Nickie von Tempelhoff, Juliane Köhler
FSK: 12
Kinostart: 31.05.2018

Website
IMDB

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.