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Axiom

Zwanghafte Lügen

Julius ist ein zwanghafter Lügner. Alles, was der Endzwanziger in seinem Alltag an Informationen und Gesprächsfetzen aufschnappt, verarbeitet er zu Erlebnissen, Anekdoten und einer Biografie, die er wechselt, wie er andere ihr Hemd.

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Für Julius, den rätselhaften jungen Mann in Jöns Jönssons zweitem Spielfilm AXIOM, gehören Lügen zum Programm. Er kann nicht anders, als sich selbst und sein Umfeld, immer wieder zu täuschen. Alles, was der Endzwanziger in seinem Alltag an Informationen und Gesprächsfetzen aufschnappt, verarbeitet er zu Erlebnissen, Anekdoten und einer Biografie, die er wechselt, wie er andere ihr Hemd. So erzählt er etwa seinen Kollegen, mit denen er am Anfang des Films zu einem gemeinsamen Segelausflug aufbricht, dass er aus adligem Hause stammt. Doch weder das Boot, das angeblich seiner Familie gehört, liegt tatsächlich im Hafen, noch sind seine Eltern in irgendeiner Wiese wohlhabend. Um aus der Sache wieder herauszukommen, ohne dass der Schwindel auffliegt, muss Julius sich einiges einfallen lassen. Er landet schließlich im Krankenhaus, und erst die Begegnung mit seiner Mutter lässt erahnen, dass sein merkwürdiges Verhalten keine Einzelaktion war.

Vereinfacht formuliert, könnte man vermuten, AXIOM sei das Porträt eines zwanghaften Lügners. Doch Jönssons Film, schlicht und zurückhaltend inszeniert, ist weniger eine ausformulierte Charakterstudie als eine Provokation. Die große Frage, die sich aufdrängt, nachdem man Julius eine Weile bei seinem Lügenspiel zugeschaut hat, ist: Warum bloß? Klare Antworten liefert der Regisseur und Drehbuchautor darauf nicht. Stattdessen verrennt sich Julius immer weiter in seine Unwahrheiten, bis ihm auch seine neue Freundin Marie (Ricarda Seifried) irgendwann auf die Schliche kommt. Dass der Film trotz seiner äußerst ambivalenten Hauptfigur nicht ins Schleudern gerät, verdankt er allein Moritz von Treuenfels' überzeugender Darstellung eines Menschen, der sich ungeniert und getrieben zugleich ständig neu erfindet - ohne jegliche Rücksicht auf Verluste.

Pamela Jahn

Details

Deutschland 2022, 108 min
Genre: Drama
Regie: Jöns Jönsson
Drehbuch: Jöns Jönsson
Kamera: Johannes Louis
Schnitt: Stefan Oliveira-Pita
Verleih: Filmperlen
Darsteller: Moritz von Treuenfels, Ricarda Seifried, Thomas Schubert, Petra Welteroth, Max Themak, Ines Marie Westernströer
Kinostart: 30.06.2022

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