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Atlantide

Venedig im Geschwindigkeitsrausch

Vier Jahre lang hat der Künstler Yuri Ancarani in der Subkultur jugendlicher Schnellbootfahrer in der Lagune von Venedig verbracht. Sein halbdokumentarischer Spielfilm ATLANTIDE ist ein Trip aus Geschwindigkeit und Sex, dem Rasen in den Sonnenuntergang und dem Schweben durch die alte Stadt.

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Venedig als ein Rausch aus Geschwindigkeit und dem unbedingten Willen, bis an die äußerste Grenze zu gehen. Vier Jahre lang hat der Künstler Yuri Ancarani in der Subkultur jugendlicher Schnellbootfahrer verbracht und nebenbei seinen halbdokumentarischen Spielfilm ATLANTIDE gedreht. ATLANTIDE ist einer der visuell und atmosphärisch beeindruckendsten Filme, der in diesem Jahr ins Kino gekommen ist, ein filmisches Gedicht über das Leben – und manchmal auch Sterben – auf dem Wasser. Die jungen Männer motzen ihre kleinen Boote mit riesigen Motoren, LED- und Stroboskop-Beleuchtung und möglichst lauten Hifi-Anlangen auf, aus denen Hardcore- und Minimal-Techno dröhnt, manchmal auch italienischer Hip Hop. Die Mädchen sitzen und liegen daneben, nach ihnen sind die Boote benannt, und wenn die Beziehung zu Ende geht, wird der Aufkleber mit dem Namen abgekratzt. Die Szene trifft sich auf der Klosterinsel San Francesco del Deserto. Man sonnt sich, die Boote dümpeln, es wird gekifft, der Sound wummert. Nebenan hackt ein Mönch zum Techno das Unkraut aus den Klosterbeeten. Daniele würde gern dazu gehören, aber sein Boot ist nicht schnell genug, und der Motor leckt. Er kauft einen größeren Motor und stiehlt eine Schiffsschraube. Natürlich kommt das heraus, aber vor der Abrechnung wagt er es endlich, nach Venedig hineinzufahren und sich zu präsentieren. Rauschhafter Sex, rauschhafte Bilder vom Rasen in den Sonnenaufgang, vom Schweben durch die alte Stadt, Blicke, Brücken, Körper. ATLANTIDE ist ein Trip. Dieser Form eines beiläufigen dokumentarischen Blicks mit einer totalen Überinszenierung des Sounds und der Kamerabilder gelingt es tatsächlich, ein Lebensgefühl so scheinbar unmittelbar zu vermitteln, wie das zuletzt Fred Kelemen in VERHÄNGNIS und FROST gelungen war. Manche würden das „authentisch“ nennen, aber Stil ist hier alles, im Film wie im Leben der jungen Männer.

Tom Dorow

Details

Italien/Frankreich/USA/Katar 2021, 100 min
Genre: Dokumentarischer Film, Drama
Regie: Yuri Ancarani
Drehbuch: Yuri Ancarani
Kamera: Yuri Ancarani
Schnitt: Yuri Ancarani, Yves Beloniak
Musik: Francesco Fantini, Lorenzo Senni
Verleih: rapid eye movies
Darsteller: Daniele Barison, Bianka Berényi, Maila Dabalà, Alberto Tedesco, Jacopo Torcellan
FSK: 16
Kinostart: 08.09.2022

Website
IMDB

Vorführungen

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