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Astor Piazzolla

Tango-Revolutionär

Ein intimes Porträt des Tango-Revolutionärs Astor Piazzolla, in Super-8-Filmen der Familie, Aufnahmen von Gesprächen mit seiner Tochter Diana aus den 80er Jahren und aktuellen Erzählungen seines Sohnes Daniel.

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“Wenn ich keine Haie fangen könnte, könnte ich auch kein Bandoneon spielen. Und umgekehrt“, sagt Astor Piazzolla, der Tango-Revolutionär zu Beginn des Films. Die Erklärung: Man braucht erhebliche körperliche Kraft, um das elf Kilo schwere Instrument zu spielen – und um einen Hai zu angeln. Piazzollas Tango Nuevo war in den 70er und 80er Jahren in Europa und den USA eine Sensation, in Argentinien eine Provokation. Grace Jones brachte den Tanzgegner Piazzolla mit ihrer Version von „Libertango“ sogar auf die Tanzflächen, wenn auch nicht die der Tangobars. Seine Musik findet sich auf dem Soundtrack von rund 150 Filmen, darunter so unterschiedliche wie Terry Gilliams 12 MONKEYS und Wong Kar-Wais HAPPY TOGETHER.
Daniel Rosenfelds Porträt des Komponisten und Virtuosen kann aus einem reichhaltigen Familienarchiv schöpfen. Die Familie hat viel gefilmt, und Astors verstorbene Tochter Diana hat in den 80er Jahren als Recherche für ihre Biografie des Vaters zahlreiche Gespräche aufgezeichnet. Sohn Daniel sagt, er habe die Aufnahmen aus Trauer um seine Schwester nie hören. Nun hört er sich die Bänder an und kommentiert sie vor der Kamera und aus dem Off, was manchmal etwas verwirrend ist, weil die Stimmen von Vater und Sohn sich so sehr ähneln. Dabei entsteht das Bild eines leidenschaftlichen Künstler-Typen, jähzornig, eitel und ungestüm, der einem Kritiker Prügel androht, seine Familie verlässt und zehn Jahre lang nicht mit Daniel redet, weil der ihm vorgeworfen hat, mit der Rückkehr zu der klassischen Besetzung seines Quintetts nach den Erfolgen mit seinem „Electric Octett“ einen Schritt zurück zu machen. Für Piazzolla, der alle seine Partituren verbrannt hat, weil man nicht zurück blicken dürfe, muss das an Gotteslästerung gegrenzt haben. Astor Piazzolla war immer auf der Suche nach Innovation und Intensitäten, die mit traditionellen Mitteln nicht erkundet werden konnte. Seine Musik wirkt heute fast noch frischer, mitreißender und faszinierender als in den 80er Jahren, vielleicht auch, weil es nur noch wenige so radikale Innovationen in der populären Musik gibt.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: Piazzolla, los años del tiburón
Argentinien/Frankreich 2018, 90 min
Sprache: Englisch, Französisch, Spanisch
Genre: Dokumentarfilm, Musikfilm
Regie: Daniel Rosenfeld
Drehbuch: Daniel Rosenfeld, Fernando Regueira, Alejandro Carrillo Penovi
Kamera: Ramiro Civita
Schnitt: Alejandro Carrillo Penovi
Verleih: Filmdisposition Wessel
Kinostart: 07.11.2019

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