Neue Notiz
Antiporno
Angstraum aus Farbe
Sion Sonos ANTIPORNO entstand in einer Reihe von Filme, mit der das japanische Studio Nikkatsu die „Pinku Eiga“ bzw. „Roman Porn“-Tradition der 70er Jahre wiederzubeleben versuchte.
ANTIPORNO entstand in einer Reihe von Filmen, mit der das japanische Studio Nikkatsu die „Pinku Eiga“ bzw. „Roman Porn“-Tradition der 70er Jahre wiederzubeleben versuchte, in der Nikkatsu erotische Klassiker wie Oshimas IM REICH DER SINNE produziert hatte. Die Wände sind gelb, das Klo ist rot, das Bett ist blau, in einer Intensität, die an Barnett Newmans Gemälde „Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue“ erinnert. Die Wohnung in Sion Sonos ANTIPORNO ist ein Angstraum aus Farbe. Auf dem Bett liegt die nackte Kyoko (Ani Tomite). Sie zieht sich einen Slip an, und beginnt eine manisch-depressive Performance. Sie schleppt sich auf die Toilette, erbricht sich, sagt, sie könne nicht pissen und scheißen, nur kotzen: „Ich will sterben, alle sollen sterben“. Dann steht sie auf, setzt ihr Lächeln auf und zieht einen pastel-orangefarbenen Hauch von nichts an: „Ein schöner Tag, heute trage ich bunte Kleider“. Vor den Augen einer Journalistin und einer Fotografin, die gekommen sind, die große Künstlerin Kyoko zu interviewen, quält sie ihre Dienerin Noriko (Mariko Tsutsui). Der Regisseur ruft „Cut“, und die Szene enthüllt sich als Teil einer Roman-Porn-Produktion, deren Star nicht Kyoko ist, sondern Noriko, die nun beginnt, Kyoko zu demütigen, bis die in eine Alpträumerei verfällt, in der Szenen in immer neuen Varianten durchgespielt werden, es aber kein Entkommen aus den vorgeschriebenen Rollen gibt.
Sonos Film sieht grandios aus und Tomite und Tsutsui bieten einen wahren Energiesturm auf. Der Film weiß um seine Widersprüche zwischen Exploitation-Kino und feministischem Pamphlet. Die Kamera kann aber so wenig davon ablassen Ani Tomite anzustarren, wie Kyokos Haustier, die in einer Flasche gefangene Eidechse, aus ihrem Gefängnis entkommen kann. ANTIPORNO ist zorniges Wüten gegen Geschlechterrollen, die von der glamourösen Pop-Ästhetik gleich wieder festgeklopft werden.
Originaltitel: Antiporuno
Japan 2016, 76 min
Genre: Drama
Regie: Sion Sono
Drehbuch: Sion Sono
Schnitt: Junichi Itô
Verleih: One Filmverleih
Darsteller: Ami Tomite, Mariko Tsutsui
FSK: 16
Kinostart: 16.05.2019
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