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Anderson

Leben mit dem Verrat

Vor 25 Jahren wurde Sascha Anderson, einstmaliger Star des Ostberliner Boheme-Untergrunds eine umfassende Tätigkeit als Stasi-Spitzel nachgewiesen. In ANDERSON, dem zweiten Teil einer geplanten Trilogie über den Verrat bemüht sich Annekatrin Hendel, diese Geschichte zu rekonstruieren.

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"Sascha Anderson ist uns auch nach einem Vierteljahrhundert noch ein Rätsel geblieben." So spricht die Regisseurin ganz am Anfang über ihren Protagonisten. Ein Vierteljahrhundert ist es her, dass Sascha Anderson, einstmaliger Star und umtriebiger Organisator des Ostberliner Boheme-Untergrunds eine umfassende Tätigkeit als Zuträger der Stasi nachgewiesen wurde. In ANDERSON, dem zweiten Teil einer geplanten Trilogie über den Verrat bemüht sich Hendel diese Geschichte zu rekonstruieren, wohl wissend dass eine Aufnahme der objektiven Tatsachen das Rätsel nicht lösen wird.
Dem Verräter, dem man nach Meinung mancher keine Bühne geben soll, baut sie eine, und zwar ganz wörtlich: in einem Filmstudio wird die Küche von Ekkehard Maaß, zentraler Treffpunkt der Subkultur im Prenzlauer Berg nachgebaut und mit originalen Gegenständen aus Maaß’ Wohnung - von Küchentisch und Gemälden bis zu den Kaffeetassen - eingerichtet. In diesem Erinnerungsraum erteilt Anderson seine Selbstauskünfte. Wegbegleiter, Mitstreiter, Freunde und Beziehungspartnerinnen, allesamt Verratene, kommen ausführlich zu Wort und offenbaren ein weites Spektrum des Umgangs: Bert Papenfuß, anarchistischer Spelunkier, hat das Kapitel ad acta gelegt und publiziert wieder zusammen mit Anderson, Ekkehard Maaß kann die Verletzung kaum verwinden, Roland Jahn, nunmehriger Bundesbeauftragter für die Stasi Unterlagen hat seine Erfahrung als Lehrstück in der Funktionsweise des Stasi-Regimes sortiert.
Und Anderson selbst? Spricht ganz am Anfang von der Notwendigkeit Selbst- und Fremdbild in Deckung zu bringen. Das interessiert Hendel im Kern: die Strategien, die Leute an den Tag legen, um ein Ereignis, das aus der eigenen Biographie katastrophisch ragt, ins Weiterleben zu integrieren, sich das eigene Leben schlüssig erzählen zu können. Über weite Strecken ist Anderson mit sich im Reinen, mindestens so sehr wie die Menschen, die Grund haben sich von ihm verraten zu fühlen. Als Hendel ihn aus seiner Autobiographie vorlesen lässt, kommt er über die Stelle die von Wolf Biermanns sehr öffentlichen Anschuldigen gegen ihn handelt, nicht hinweg. Es bleibt eine Lücke, die sich nicht schließt.

Elegie VII // Wirst Du, Kartenhaus, mich mit dem dreiunddreißigsten / Deiner Bilder betrüben, oder ist es naiv / Wenn die Grenze mir einstürzt, das Äußerste, zu wagen, / das Medium, das Herz, für die noch schönere Münze. / Vor dem Gartenhaus stehen drei Birken, die heißen / Schuld und Sühne, ich weiß, welche die Liebste mir ist //

Sascha Anderson, erschienen ...

Sebastian Markt

Details

Deutschland 2014, 90 min
Sprache: Deutsch
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Annekatrin Hendel
Drehbuch: Annekatrin Hendel
Kamera: Frank Griebe, Julie Cramer
Schnitt: Jörg Hauschild
Verleih: Edition Salzgeber
Darsteller: Sascha Anderson, Roland Jahn, Bert Papenfuß-Gorek, Holger Kulick, Cornelia Schleime, Lars Barthel und Thomas Plenert, Ingrid und Dietrich Bahß, Ekkehard Maaß, Wilfriede Maaß
FSK: oA
Kinostart: 02.10.2014

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