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A Skin so Soft

Der Körper lügt nicht

Der Dokumentarfilm porträtiert sechs Bodybuilder und ihre täglichen Rituale der Körperpflege und Körper-Optimierung.

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„Titan“ kommt vom altgriechischen Wort für „sich recken“. In den ersten Bildern sehen wir den Morgenroutinen von Bodybuildern zu, erwachenden Titanen zu Beginn ihres durchgeplanten Tages: Kohlenhydrate wiegend, die Haut einölend, sich im Spiegel betrachtend, um befriedigt festzustellen, dass man sein Bild komplett ausfüllt. Alles, was zu sehen ist, ist das Ergebnis größter Selbstdisziplin. Bis hin zur sanften Haut aus dem Titel, die möglichst flexibel über den herausgestellten Muskeln liegt.
Wie wir auf die ein Jahr lang begleiteten Protagonisten schauen, wird zu einer spannenden Erfahrung. Denis Côtés Blick ist frei von Urteil, aber nicht von Voyeurismus. Die Männer werden zu reinen Objekten der Betrachtung, und das ganz in deren Sinn: Wer Bodybuilding betreibt, will gesehen werden, nicht verführen. Im neoliberalen Rahmen macht das alles keinen Sinn, es ist nicht sexy, nicht produktiv, nicht gesund, nicht kommunikativ. Das Pumpen ist ästhetische Praxis, Arbeit am Erhabenen, das wir Schlaffen mit vergnügtem Schrecken quittieren dürfen.
Die schönsten (und raffiniert gestellten) Bilder gelingen dem Filmemacher, wenn er das Normalmaß des bürgerlichen Lebens mit den Körpern, die es sprengen, zusammenbringt: der Truck, der allein vom Körper weggezogen wird, die Adern, die beim Auswringen des Leders beim Autowaschen hervortreten, das alte Superman-Tattoo, das auf der Schulter zu klein geworden ist. Am Ende führt der Film die sechs Einzelkämpfer zusammen und fährt mit ihnen aufs Land, wo sie wie hingepurzelte Riesen in der Wiese liegen. Gut rudern und schwimmen können sie nicht. Also bauen sie sich eine kleine Bühne und posieren für einander, nur von einer Schafsherde und einer Kamera beobachtet. Sie zeigen uns die Schönheit des von Erotik, Geschlecht und Produktivität befreiten Körpers. Ihr Lächeln ist einstudiert, aber es lügt nicht.

Jan Künemund

Details

Originaltitel: Ta peau si lisse
Kanada/Schweiz/Frankreich 2017, 93 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Denis Côté
Drehbuch: Denis Cote
Kamera: François Messier-Rheault
Schnitt: Nicolas Roy
Verleih: Arsenal Institut
Darsteller: Mit: Alexis Légaré, Cédric Doyon, Jean-François Bouchard, Ronald Yang, Maxim Lemire, Benoit Lapierre
Kinostart: 02.08.2018

Website

Vorführungen

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