Warum die Werke des Malers Nickzard „Nicky“ Nodjoumi in seinem theokratischen Heimatland Iran nicht auf Gegenliebe stoßen, ist leicht zu erkennen: Seine Kunst entkleidet Frauen in Niqabs, lässt Blut zu Füßen von Ayatollah Khomeini fließen oder enthüllt die Verhörtechniken des SAVAK, dem ehemaligen iranischen Geheimdienst. In A REVOLUTION ON CANVAS geht seine regie- und rechercheführende Tochter Sara auf die Suche nach Bildern ihres Vaters Nicky, die Anfang der 1980er Jahre aus politischen Gründen von den Wänden des Tehran Museum of Contemporary Art verschwanden, und erzählt dabei seine Lebensgeschichte.

Es ist der herzlichen Ehrlichkeit der Familienmitglieder zu verdanken, dass diese Biografie nicht zu einem Heiligenbild verkommt. Als Sara den ständig malenden Nicky fragt, ob er seine Familie in den Zeiten des iranischen Umsturzes vermisst hätte, bekommt sie nicht mehr als ein stoisches „Nein“ zu hören. Sein Kopf, so will es der Film, war stets in den Wolken der Revolution. Sein für die westliche Moderne schlagendes Herz zerbrach daran, dass es die falsche Revolution war, die sich 1979 im Iran ereignete. Der monarchisch-tyrannische Schah wurde damals von einem fanatisch-tyrannischen Ajatollah abgelöst.

Halb politischer Thriller, halb Biografie verweist A REVOLUTION ON CANVAS über die Geschichte der Werke von Nodjoumi hinaus auf die politische Situation im Iran der Gegenwart. Wenn Tochter Sara mit Kontakten in ihrer Heimat spricht, müssen Gesichter zensiert werden, wenn Szenen der damaligen Unruhen gezeigt werden, sind auch die Bilder der heutigen Proteste im Iran nach dem Tod von Mahsa Amini nicht weit. Es ist spürbar: Das 1979 an die Macht gekommene Regime wirkt bis heute weiter. Das Politische, das Private und die Kunst sind in der Familie Nodjoumi unauflöslich miteinander verstrickt.

Christopher Suss