Mit seinem jüngsten Film kehrt Woody Allen auf vertrautes Terrain zurück. A RAINY DAY IN NEW YORK ist, nach MIDNIGHT IN PARIS, TO ROME WITH LOVE und VICKY CRISTINA BARCELONA ein weiterer Eintrag in die Liste seiner mit leichter Hand hingeworfenen Städteliebeskomödien – und New York fühlt sich hier so exotisch verklärt an wie die europäischen Reiseziele zuvor. Allen entspinnt eine romantische Fantasie, die sich so weit wie irgend möglich von der Debatte, die ihn in der Gegenwart umtost, wegzuwünschen scheint. Und gleichzeitig ist da eine Härte einigen der Frauenfiguren gegenüber, an die ich mich aus den Filmen vor WONDER WHEEL nicht erinnere. Statt sich wie üblich selbst zu demontieren, teilt Allen diesmal auch aus. Oder kann ein Satz wie „Was ist es nur, das junge Frauen an alten Männern so attraktiv finden?“ heute wirklich noch außerhalb des Kontextes der #MeToo-Debatte gesagt werden? Größte Sympathie hat Allen auf jeden Fall für seinen Helden, Gatsby Welles (!), den Timothée Chalamet sehr lässig als eine Mischung aus einem jungen Allen und einem jazzliebenden Holden Caulfield spielt. Gatsby lebt – dank reicher Eltern und einem Händchen fürs Kartenspiel – luxuriös in den Tag hinein, spielt Jazzpiano und träumt davon, ein Schriftsteller zu werden. Er ist mit seiner Freundin, dem blonden Landei mit Journalismus-Ambitionen Ashleigh Enright (grandios in einer echt undankbaren Rolle: Elle Fanning) für ein Wochenende von der Campus-Uni in die Stadt gekommen, weil Ashley dort den berühmten Regisseur Roland Pollard (Liev Schreiber) interviewen will. Der hadert mit seinem jüngsten Werk, das er einen „existentiellen Scheißhaufen“ nennt und findet Ashley belebend. Während sie mit Ältere-Stars-anhimmeln beschäftigt ist, driftet Gatsby melancholisch durch die verregnete Stadt und trifft dabei auf Shannon (Selena Gomez), die schlagfertige kleine Schwester einer Ex…

Hendrike Bake