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1000 Arten Regen zu beschreiben

Familienaufstellung mit Tür

Was andere Teenager mal tageweise durchziehen, hält Mike seit Wochen durch: Er kommt einfach nicht mehr aus seinem Zimmer.

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Mike ist 18 und kommt nicht mehr aus seinem Zimmer heraus. Was andere Teenager mal tageweise austesten, hält Mike seit Wochen durch. Er schleicht raus aufs Klo und isst, was seine Mutter ihm reinreicht, ansonsten hat er den Kontakt zur Außenwelt abgebrochen. Seine Eltern (Bibiana Beglau, Bjarne Mädel) und Schwester Miri (Emma Bading) haben alles versucht, Betteln, Weinen, Drohen, jetzt sind sie hilflos vor der geschlossenen Tür. Sie versuchen den Alltag aufrecht zu erhalten, erfinden einen Auslandsaufenthalt, um Mikes Abwesenheit zu erklären, aber das Gefühlschaos der in die Enge getriebenen Familie braucht Ventile.
Die bisher mustergültig bürgerlichen Eltern brechen auf unterschiedliche Art aus ihrem bisherigen Verhalten aus. Während der Vater sich immer weiter in seine Arbeit hineinsteigert, sucht die Mutter erotische Abenteuer. Ob man die Entwicklungen, die das Drehbuch für die Figuren erfindet, glaubwürdig findet, ist Ansichtssache. Dass der Vater ausgerechnet mit Patienten mit Locked-in-Syndrom arbeitet, wirkt allerdings sehr konstruiert, und das Spiegelbild zur Situation wird dramaturgisch nicht weiter genutzt. Obwohl beide Eltern sich auf einmal ziemlich seltsam benehmen, bleibt lange der Eindruck von Stagnation und Unbeweglichkeit, eine wirkliche Veränderung tritt nicht ein.
Isabel Prahl inszeniert in ihrem ersten Langfilm eine Art Familienaufstellung mit dem abwesenden Sohn und Bruder als Dreh- und Angelpunkt. Vor seiner geschlossenen Tür arbeiten die anderen Familienmitglieder ihre jeweils eigenen Themen ab. Dabei bleibt jeder für sich, ein Beziehungsgeflecht dieser Familie wird weder in der Gegenwart noch rückblickend spürbar. Leider macht Prahl wenig aus der vielversprechenden Grundsituation, der Zuschauer kommt den Figuren nicht wirklich nahe und der abwesende Mike bleibt eine Leerstelle.

Susanne Stern

Details

Deutschland 2017, 91 min
Genre: Drama
Regie: Isabel Prahl
Drehbuch: Karin Kaçi
Kamera: Andreas Köhler
Musik: Volker Bertelmann
Verleih: Film Kino Text
Darsteller: Bjarne Mädel, Rabea Wyrwich, Bibiana Beglau, Janina Fautz, Louis Hoffmann, Emma Bading
FSK: 12
Kinostart: 29.03.2018

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