Magazin für unabhängiges Kino

Veranstaltungen, Festivals, Filme

FILMKUNST 66, FSK-KINO AM ORANIENPLATZ, IL KINO. CITY KINO WEDDING

23. JÜDISCHES FILMFESTIVAL BERLIN UND BRANDENBURG: NICHT GANZ KOSCHER!

NICHT GANZ KOSCHER! ist das Motto des diesjährigen Jüdischen Filmfests, illustriert durch das Plakatmotiv einer Frau, die mit einem äußerst unkoscheren Hummer kuschelt. Die beiden Filme aus dem Programm, die wir bereits sehen konnten, machen deutlich, dass Festivalleiterin Nicola Galliner und die Kurator*innen Ester Schapira und Georg M. Hafner das Motto nicht zu Unrecht gewählt haben. PERSONAL AFFAIRS ist zwar eine israelische Produktion, aber der komische und melancholische Debüt-Spielfilm der palästinensischen Regisseurin Maha Haj schildert das Leben einer palästinensischen Familie in Israel. Der britische Kurzfilm THE CHOP erzählt von einem jüdischen Fleischer, Meister der Hackebeil-Jonglage und des Fleischstückchen-Weitwurfs, der von seinem Arbeitsgeber entlassen wird und sich in einer Halal-Fleischerei bewirbt. Nicht ganz koscher sind auch die Filme VANISHED: LILIAN, POETESS und VANISHED: BEBE, über angeblich vergessene Persönlichkeiten jüdischer Kultur, die Bohème-Dichterin Lillian, die in Israel nie Fuß fassen konnte, und die Transgenderfrau Bebe Goldberg, die als Mann den Holocaust überlebte, Schauspielerin werden wollte, als Sexworkerin arbeitete und in Cabarets auftrat. Weder Bebe, noch Lillian aber haben je existiert. Yair Qedar feiert seine fiktiven marginalisierten Persönlichkeiten in Interviews und täuschend echten „Archivaufnahmen“. Die Geschichte, die der Dokumentarfilm PRAISE THE LARD erzählt, ist dagegen unglaublich, aber wahr: In Israel gibt es seit der Staatsgründung eine florierende Schweinefleischindustrie, die ihren Ursprung im Kibbuz Mizra hat. Dessen Gründer hatten sich gegen die religiösen Traditionen gestellt und eine säkulare Kollektiv-Gemeinschaft gebildet.
Ein cineastisches Highlight des JFFB ist auch die diesjährige Retrospektive, die im Filmmuseum Potsdam läuft. „Dem Vergessen entrissen“ ist ein seltsamer Titel, wenn es um einen so bekannten Drehbuchautor, Produzenten und Regisseur wie Emeric Pressburger geht, aber tatsächlich ist weniger bekannt, dass Pressburgers Karriere bei der UFA in Berlin begann, und nicht erst mit Klassikern wie THE RED SHOES oder PEEPING TOM, die er gemeinsam mit Michael Powell drehte. Die Retro beginnt dann auch mit der Doku THE MAKING OF AN ENGLISHMAN von Pressburgers Enkel Kevin McDonald, der seinen Film persönlich vorstellen wird.

23. JÜDISCHES FILMFESTIVAL BERLIN UND BRANDENBURG: NICHT GANZ KOSCHER!

Datum: 02.07.2017 bis 11.07.2017
Ort: FILMKUNST 66, FSK-KINO AM ORANIENPLATZ, IL KINO. CITY KINO WEDDING
jffb.de