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Mittagssonne

Trauma über Generationen

Immer mit denselben Schauspielern inszeniert Dalibar Matanic drei unterschiedliche Liebesgeschichtenin einem kleinen kroatischen Dorf in den Jahren 1991-1995. Ein melancholisches und poetisches Porträt der kollektiven Tragödie, die der Bürgerkrieg für die Bewohner darstellte, und ihrer Auswirkungen auf mehrere Generationen.

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MITTAGSSONNE erzählt von der Liebe und vom Krieg. Der Krieg ist der kroatisch-serbische Bürgerkrieg von 1991-95, aus dem Kroatien zwar als unabhängiges, doch verheertes Land hervorging. Den bis heute spürbaren Folgen dieses Bürgerkrieges geht MITTAGSSONNE in drei Episoden nach, in denen jeweils ein Liebespaar während des Kriegs und danach porträtiert wird. Doch nicht nur die romantische Liebe ist hier gemeint. Oft scheint die Liebe zu den Eltern wichtiger zu sein, zu den Verstorbenen und zur Heimat.
Alle drei Teile spielen in einem kleinen kroatischen Dorf. Die Stadt ist nur ein ferner Fluchtort, im guten wie im schlechten Sinne. Die Familie zählt hier, und leider auch die ethnische Zugehörigkeit. Doch einen Guten, einen Bösen, einen Schuldigen gibt es nicht, das macht der Film deutlich. Es gibt nur Opfer – die Getöteten und die Lasten der Hinterbliebenen sind die gleichen, ob auf kroatischer oder serbischer Seite.
Regisseur Dalibor Matanic wählt eine zurückhaltende Filmsprache für seinen Film, er verlässt sich ganz auf seine Darsteller und die Umgebung des Dorfes, die er in wiederkehrenden, ausdrucksstarken Bildmotiven inszeniert. Unentwegt scheint die namensgebende Mittagssonne auf Berge, Wiesen und das Meer, genau wie auf zerstörte Häuser und Gräber erschossener Brüder, Väter und Söhne. Die Hauptfiguren sind in allen Episoden mit denselben Schauspielern (überzeugend sowohl Tihana Lazović als auch Goran Marković) besetzt, so dass trotz der Aufteilung in drei unabhängige Kurzfilme ein starkes generationenübergreifendes Gefühl der Verbundenheit in der traumatischen Erfahrung des Bürgerkriegs vermittelt wird.
Das Fühlbarmachen einer kollektiven Tragödie und Matanićs besonderes Gefühl für Leichtigkeit und Poesie machen MITTAGSSONNE zu einem schönen, melancholischen und sehr stimmigen Film.

Yorick Berta

Details

Originaltitel: Zvizdan
Kroatien/Serbien/Slowenien 2015, 123 min
Genre: Drama
Regie: Dalibor Matanic
Drehbuch: Dalibor Matanic
Kamera: Marko Brdar
Schnitt: Tomislav Pavlic
Musik: Alen Sinkauz, Nenad Sinkauz
Verleih: déjà-vu Filmverleih
Darsteller: Tihana Lazovic, Goran Markovic, Nives Ivankovic
Kinostart: 30.06.2016

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