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Zeit der Kannibalen

Gewinnertypen in die Ecke gedrängt

Frank Öllers (Devid Striesow), Kai Niederländer (Sebastian Blomberg) und Bianca März (Katharina Schüttler) sind mit allen Wassern gewaschene Consultants. Ihr Leben verbringen sie mit Meetings, Lagebesprechungen und Powerpoint-Präsentationen in den Business-Hotels der Welt. Ein zynisches Kammerspiel.

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Frank Öllers (Devid Striesow) und Kai Niederländer (Sebastian Blomberg) sind mit allen Wassern gewaschene Consultants. Ihr Leben verbringen sie mit Meetings, Lagebesprechungen und Powerpoint-Präsentationen in den Business-Hotels der Welt und ihr Zynismus hört erst da auf, wo ihre persönlichen Obsessionen anfangen: in Öllers Fall ist das seine Familie, mit der er fortwährend Krisengespräche führt. In Niederländers Fall ist es eine manische Obsession mit Hygiene und Sicherheit. Niemand packt einen Koffer schneller als Niederländer. Die dritte im Team ist die junge Bianca März (Katharina Schüttler), die etwas später dazu stößt, als Ersatz für den abwesenden aber omnipräsenten „Hellinger“, der aus dem Team wegbefördert wurde. Bianca hat eigentlich Medizin studiert und hat sich dann für den Job als Consultant entschieden weil sie „etwas bewegen will“. Jetzt soll sie Öllers und Niederländer für den Boss begutachten. Während sich draußen auf unbestimmte Weise – man hört Schreie, Schüsse, bedrohliche Geräusche, die langsam näher kommen – die Lage verschlechtert, machen intern bedrohliche Gerüchte die Firma betreffend die Runde. Die Gewinnertypen sehen sich zusehends in die Ecke gedrängt. Regisseur Johannes Naber (DER ALBANER) hat die Szenerie aufs Nötigste reduziert. ZEIT DER KANNIBALEN spielt komplett in Hotelzimmern, die Welt da draußen wird von bauklötzchenartig aussehenden Hochhäusern vor dem Fenster nur angedeutet. Um welche versmogte Großstadt es sich gerade handelt, ist auch Nebensache, absolutes Zentrum des Films sind die zynischen Dialoge von Drehbuchautor Stefan Weigl, die sich Striesow, Blomberg und Schüttler mit Verve um die Ohren hauen. Das klingt dann so:

Abends an der Hotelbar, Jazz dudelt im Hintergrund, alle haben Spaßhütchen auf: Bianca feiert ihren Einstand.

Niederländer (zu Bianca): Ich sag's dir: du bist bei der Company genau richtig.

Öllers: Jaaa. Es ist toll für die Company zu arbeiten. Gaanz toll. Egal wo du bist, du bis sofort vernetzt. Du hast zu jedem gleich 'nen Draht, wie in einer großen Familie. Auf die Company!

Bianca: Hellinger hat mich gewarnt.

Öllers: Der gute alte Hellinger, was hat er denn erzählt?

Bianca: Dein Zynismus soll der Welt beweisen, dass du im Stande bist, dich von der herrschenden Norm abzusetzen.

Öllers: Das hat Bernd Hellinger gesagt? Wow. Wie tiefgründig.

Niederländer: (zu Öllers) Nimm's nicht persönlich. (zu Bianca) Öllers will auch die Welt retten. Nur glaubt er, dass er dafür vorher alles platt machen muss. Er meint's nicht böse. Sie sind ihm einfach nur scheißegal.

Öllers: Hat dir Hellinger eigentlich auf etwas über Niederländer erzählt? Pass mal auf: das Einzige, was Niederländer interessiert ist --- den Lichtschalter auch im Dunkeln zu finden. Oder, Niederländer?

Niederländer: Ja, das stimmt. Hast Du dagegen etwas einzuwenden? Ich will einfach, dass Hotels einer bestimmten Kategorie sich an gewisse Standards halten, ja? Einen globalen Funktionalitätskonsens. OK?

Öllers: Es soll überall gleich aussehen.

Niederländer: Ja.

Hendrike Bake

Details

Deutschland 2013, 93 min
Genre: Drama, Komödie
Regie: Johannes Naber
Drehbuch: Stefan Weigl
Kamera: Pascal Schmit
Schnitt: Ben von Grafenstein
Musik: Cornelius Schwehr
Verleih: farbfilm Verleih
Darsteller: Katharina Schüttler, Devid Striesow, Sebastian Blomberg, Jaymes Butler, Joana Adu-Gyamfi
FSK: 12
Kinostart: 22.05.2014

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