Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Voodoo Rhythm – The Gospel of Primitive Rock 'n' Roll

Slowboats erster Feeature-Film ist so etwas wie die Geburtsstunde einer Gang. Littler hört die Begräbnismusik der Dead Brothers, will herausfinden, wer eine so abgefahrene Musik produziert und trifft auf Beat Zeller aka Reverend Beat-Man, den Gründer des Schweizer Labels VOODOO RHYTHM.

Mehr

Slowboats erster Feeature-Film ist so etwas wie die Geburtsstunde einer Gang. Littler hört die Begräbnismusik der Dead Brothers, will herausfinden, wer eine so abgefahrene Musik produziert und trifft auf Beat Zeller aka Reverend Beat-Man, den Gründer des Schweizer Labels VOODOO RHYTHM. Beat-Man ist seit langem eine mehr oder weniger legendäre Gestalt in der Schweizer Szene, zunächst als Sänger von The Monsters, die eine Art extrem lauten Psychobilly irgendwo zwischen The Cramps, The Meteors und The Stooges spielen. Später trat er auch als One-Man-Band auf, mal mit einer mexikanischen Ringermaske und verzerrter Akustik-Gitarre, inzwischen als Rock´n´Roll-Prediger im Talar. Immer laut, primitiv und aus der Seele. Beat-Man versammelte schnell eine Reihe Schweizer Bands auf seinem Label: The Dead Brothers, die eine sehr eigene Art von Blues-, Folk-, Cajun- und Country-Punk mit Blasinstrumenten und Banjos spielen, die Punk-Rock´n´Roller The Come n´Go und die Country und Bluegrass-Band Zeno Tornado and The Boney Google Brothers. Später kamen auch deutsche und andere internationale Bands dazu, unter anderem der Kanadier King Khan, der inzwischen in Berlin wohnt, und eine sehr wilde Voodoo-Soul-Variante mit großer Band hinlegt und der in Hamburg lebende Amerikaner DM Bob alias Bob Tooke und die Bremerin Silky Toss. Beide sind Maler und Musiker, die auch zusammen in der Band The Watzloves spielen. Alle eint das Credo des Primitive Rock´n´Roll, das King Khan im zweiten Teil des Films auspricht: “Simple, stupid is the only way to do it.” Innerhalb der extrem einfachen Formen der ursprünglichen Genres Rock, Folk, Blues und Country sind sie auf der Suche nach einer Wildheit, die dem offiziellen Pop längst verloren gegangen ist. Alle erzählen glaubhaft von ihrer Suche nach Direktheit und Authentizität, die ihnen in perfekten Mainstream-Produktionen fehlt. Ähnlich redet Billy Childish, Sänger und Gitarrist von THE MILKSHAKES und von THEE MIGHTY CAESARS, die seit fast 30 Jahren im gleichen Genre unterwegs sind wie die VOODOO RHYTHM-Musiker. Childish ist außerdem dyslexischer Dichter und autodidaktischer Maler und war lange in einer Beziehung mit Tracey Emin, einer der wichtigsten Künstlerinnen der Young British Artists. Emin warf Childish vor, mit dem, was er malte „stuck“ (festgeklemmt, aufgeschmissen) zu sein. Childish antwortete mit einer ganzen Reihe von Manifesten des „Stuckism“ und „Re-modernism“, mit denen Childish wieder zurück will zum Subjekt, zur Selbstermächtigung, zur Authentizität und Transzendenz. Und natürlich zurück zum Rock´n´Roll. Die Re-Modernen von VOODOO RHYTHM und Slowboat sind eine Gegenbewegung zu den immer komplexer und ironischer werdenden Meta-Künstlern der Post-Post-Moderne. Sie suchen die Seele und sogar eine Form der spirituellen Transzendenz.

Tom Dorow

Details

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.