Magazin für unabhängiges Kino
Filmwecker
Filmnotiz

Neue Notiz

Toro

Einer, der sich kümmert

Toro, der vor zehn Jahren aus Polen nach Deutschland gekommen ist, ist einer, der hart arbeitet. Einer, der sich kümmert. Eines Tages wird er zurückgehen und eine Boxschule aufmachen. Doch Toros Zukunftspläne werden brutal zerstört und wie ein in die Enge getriebener Stier kennt er darauf nur eine Antwort.

Mehr

Eigentlich heißt Toro (Paul Wollin) Piotr und ist vor zehn Jahren aus Polen nach Deutschland geflohen. In seinem Heimatdorf habe man gemunkelt, er sei ein „ciota“, eine „Schwuchtel“, erzählt er Benoit (Kelvin Burkard), dem Jungen, der eines Tages in der abgelegenen Lagerhalle auftaucht, in der Toro regelmäßig auf einen alten Boxsack eindrischt. Benoits Nachfrage, „Und, bist du eine?“, ignoriert er dabei allzu offensichtlich. Durch seinen Job als Escort, bei dem er seine Dienste Frauen mit gutbürgerlicher Herkunft in Hotels und Wohnungen anbietet, verdient er gutes Geld, das er ausnahmslos spart. Hart und beharrlich arbeitet er für seine Unabhängigkeit und träumt davon, schon bald nach Polen zurückzukehren, um dort eine eigene Boxschule zu eröffnen. Toro hat ein klares Ziel vor Augen, er ist einer, der sich kümmert. Seinem desillusionierten und lebensmüden Freund Victor (Miguel Dagger), einem drogenabhängigen Stricher, verschafft er ständig neue Jobs und leiht ihm sogar zähneknirschend Geld, weil plötzlich dessen Schwester Emilia (Leni Speidel) mit in der Küche sitzt. Er will Victor mitnehmen, wenn er zurückgeht, doch weil dem Latino die skrupellosen Schuldeneintreiber auf den Fersen sind, werden schließlich auch Toros Zukunftspläne brutal zerstört. Wie ein in die Enge getriebener Stier kennt er darauf nur eine Antwort, und diese führt ihn und die anderen geradewegs in die Katastrophe. Der aus Peru stammende Regisseur Martin Hawie hat mit TORO einen vielbeachteten Abschlussfilm an der Kunsthochschule für Medien in Köln in lakonisch-rauer Schwarzweiß-Optik gedreht. Seine ausgestoßenen und verlorenen Protagonisten kämpfen mit ihren männlichen Rollenbildern, Migrationsproblematiken und religiösen Konventionen, was sie in die Tradition der einsamen Charaktere aus Martin Scorseses New-Hollywood-Filmen einreiht.

Jens Mayer

Details

Deutschland 2015, 83 min
Genre: Drama
Regie: Martin Hawie
Drehbuch: Laura Harwarth, Martin Hawie
Kamera: Brendan Uffelmann
Schnitt: Martin Hawie
Musik: Gregor Keienburg
Verleih: missingFilms
Darsteller: David Hürten, Paul Wollin, Miguel Dagger, Leni Speidel, Kelvin Kilonzo
FSK: 16
Kinostart: 27.04.2017

Website
IMDB

Vorführungen

Keine Programmdaten vorhanden.

ALLE ANGABEN OHNE GEWÄHR.
Die Inhalte dieser Webseite dürfen nicht gehandelt oder weitergegeben werden. Jede Vervielfältigung, Veröffentlichung oder andere Nutzung dieser Inhalte ist verboten, soweit die INDIEKINO BERLIN UG (haftungsbeschränkt) nicht ausdrücklich schriftlich ihr Einverständnis erklärt hat.