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T2 Trainspotting

Der neue, alte T2

TRAINSPOTTING entstand 1996 mitten im „Cool Britannia“-Spirit. Boyle, McGregor und die anderen waren ungestüm, wollten noch was erreichen. Bei T2 ist das anders, die Figuren sind inzwischen Mittvierziger, die das Scheitern bereits hinter sich haben. Den Ton ist nostalgisch, vom Zeitgeist bleibt kaum etwas, sehenswert ist T2 trotzdem.

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Bis vor kurzem stand T2 noch für TERMINATOR 2 von James Cameron (der läuft in der Reihe Classics übrigens auch auf der Berlinale). T2, also der zweite Terminator, gilt nicht erst seit der Diskussion aus SCREAM 2 als eins der besten Sequels der Filmgeschichte. Seit kurzem firmiert die Fortsetzung zu Danny Boyles TRAINSPOTTING unter derselben Abkürzung. Aber kann der neue T2 dem alten das Wasser reichen?

Sagen wir es mit einem weiteren willkürlichen Vergleich, nämlich dem zu LOMMBOCK, dem zweiten Teil von LAMMBOCK (ab März im Kino). LOMMBOCK könnte man als deutsche Antwort auf T2: TRAINSPOTTING bezeichnen: In beiden Filmen kommen Drogen vor, beide setzen Kultfilme fort. Klar, der weit größere Kult ist natürlich TRAINSPOTTING. Doch letztlich laufen LOMMBOCK und T2: TRAINSPOTTING nach dem gleichen Muster ab, indem sie genau das Erwartete liefern: Dasselbe nochmal, ein paar Jahre später.

Was kann man von T2: TRAINSPOTTING erwarten? Eigentlich ziemlich viel, denn mit Danny Boyle als Regisseur, Irvine Welsh als Autor der Romanvorlage „Porno“, John Hodge als Drehbuchautor sowie Ewan McGregor, Ewen Bremner, Jonny Lee Miller und Robert Carlyle in den Hauptrollen kehren alle wesentlichen Beteiligten des Originals zurück. Und Danny Boyle hat seit seinem Durchbruch mit TRAINSPOTTING keinen einzigen schlechten Film gedreht. Natürlich fängt der Brite nicht ausgerechnet mit seinem Herzensprojekt damit an.

Die Fortsetzung versprüht allerdings weniger Energie, was wohl in der Natur der Sache liegt. Das Original entstand 1996 mitten im „Cool Britannia“-Spirit. Boyle, McGregor und die anderen waren ungestüm, wollten noch was erreichen. T1 ist entsprechend rasant und mitreißend, von einem unwiderstehlichen Drive getragen. Bei T2 ist das anders, die Figuren sind inzwischen Mittvierziger, die das Scheitern bereits hinter sich haben.

Als „Rent Boy“ nach 20 Jahren in Amsterdam in seine schottische Heimatstadt Edinburgh zurückkehrt, ist seine Ehe kaputt und sein Job weg. Sein bester Freund „Sick Boy“ führt eine schlecht laufende Bar und erpresst die Freier seiner bulgarischen Freundin Veronika (Anjela Medyalkova) mit heimlich erstellten Sexvideos. „Spud“ ist mittlerweile der einzige, der noch immer an der Nadel hängt und seinem Leben ein Ende bereiten will. Der aggressive „Franco“ schließlich bricht aus dem Knast aus und schwört Rache an Rent, der ihn und seine Kumpels damals um 16.000 Pfund betrogen hat (nur Spud erhielt seinen Anteil). Der Verrat von damals bestimmt die Fortsetzung. Sick Boy bewegt Rent dazu, ihm bei der Eröffnung eines Bordells zu helfen, heckt insgeheim aber einen Plan aus, wie er es dem Verräter heimzahlen kann, am besten doppelt und dreifach.

Den Ton von T2: TRAINSPOTTING gibt die Nostalgie vor, vom Zeitgeist bleibt kaum etwas. Das Gerede über Facebook, Twitter und Snapchat wirkt bemühter und aufgesetzter als die „Choose Life“-Tiraden aus dem ersten Teil. Der Unterschied ist, dass T1 tatsächlich dem Zeitgeist entsprungen ist, was T2 nun imitieren will.

Auch inszenatorisch kommt das Sequel nicht so in Schwung wie das Original, ist aus filmischer Sicht aber dennoch sehenswert. Boyle setzt schicke Farbakzente, arbeitet mit Freeze Frames und einem flotten Schnittrhythmus. Sein Stammkameramann Anthony Dod Mantle (RUSH) filmt aus ungewohnten Perspektiven, die T2 abseits der Wiedersehensfreude interessant machen. Und obendrauf gibt es wieder einen zeitlosen Soundtrack mit Lou Reed oder Iggy Pop, was Boyle für einige Referenzen an den Vorgänger nutzt. Am Ende ist T2 absolut kein schlechter Film, auch wenn ihm der Kultstatus des ersten Teils sicher verwehrt bleibt. Doch mal ehrlich: Was hätte Danny Boyle anders machen sollen?

Christian Horn

Details

Großbritannien 2017, 117 min
Genre: Drama
Regie: Danny Boyle
Drehbuch: John Hodge
Kamera: Anthony Dod Mantle
Schnitt: Jon Harris
Verleih: Sony
Darsteller: Ewan McGregor, Ewen Bremner, Robert Carlyle, Jonny Lee Miller, Simon Weir
FSK: 16
Kinostart: 16.02.2017

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IMDB

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