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Sparrows 

Erwachsenwerden in Island

Der sechzehn Jahre alte Ari wird von seiner Mutter aus Reykjavik in den kargen Nordwesten Islands zum Vater geschickt.

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Erste Drogen. Mit dem Vater auf Jagd gehen. Verknallt sein in ein Mädchen, das man schon lange kennt. Erster Sex, mit einer deutlich älteren Frau. Leiden an der Welt. Leiden an sich selbst. Vieles an diesem famosen Streifen (Hauptpreis beim Filmfestival in San Sebastián), kommt einem bekannt vor. Aus ungezählten Coming-of-Age-Storys, ob im Film oder in der Literatur. Und doch geht einem hier auch vieles auf besondere, zunächst kaum erwartete Weise nahe. Regisseur Rúnar Rúnarsson berichtet in seinem 99-Minüter von einem 16-Jährigen aus Reykjavik. Von der Mutter, die mit neuem Mann nach Afrika geht, wird Ari aus der isländischen Hauptsstadt in seine alte Heimat, den Nordwesten Islands, zum leiblichen Vater geschickt. Alles ist wie früher, alles ganz anders. Der Vater ist ein Alkoholiker, der viele Dosenbiere am Tag öffnet, die Landschaft so abweisend und großartig wie immer. Die verschlossene, bisweilen brutale Art des Vaters kontrastiert mit dem kuchenwarmen Lachen der Großmutter – der einzigen Person, die Ari, diesem Schlacks mit ins Gesicht fallenden Haaren, ein wenig Halt gibt. Ari ist gefangen in einem Zwischenreich: nicht mehr Kind, noch kein Erwachsener. In einer beiläufigen Szene sehen wir ihn beim Duschen mit einem Kumpel. Die heimlichen Blicke beider Jungmänner aufs Geschlechtsteil des anderen sagen mehr übers Erwachsenwerden als tausend Bücher. Ari will zurück zu seiner Mutter. Die zwischen Grasgrün, Steingrau und Schneeweiß oszillierenden Berge dieser sogar für isländische Verhältnisse kargen Gegend aber scheinen Ari nicht mehr freigeben zu wollen. Je länger man seinem Leben zuschaut, desto mehr wünscht man sich, ihm möge die Flucht gelingen. Wohin auch immer. Ein Ventil immerhin steht dem Teenager zur Verfügung: Ari kann singen, wunderbar singen. Fast wie ein Engel.

Matthias von Viereck

Details

Originaltitel: Sparrows
Dänemark/Island/Kroatien 2015, 99 min
Genre: Drama
Regie: Rúnar Rúnarsson
Drehbuch: Rúnar Rúnarsson
Kamera: Sophia Olsson
Schnitt: Jacob Secher Schulsinger
Musik: Kjartan Sveinsson
Verleih: Peri­pher Film­ver­leih
Darsteller: Rade Serbedzija, Atli Oskar Fjalarsson, Ingvar Eggert Sigurðsson, Sigrún Edda Björnsdóttir, Nanna Kristín Magnúsdóttir
Kinostart: 24.11.2016

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