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Love 3D

Fucked it all up

Eines Morgens wird Murphy von einem Anruf geweckt: Seine Ex-Freundin Electra ist verschwunden. Murphy beginnt, sich zu erinnern. Es gibt jede Menge Sex in LOVE - zärtlich, wild, verzweifelt, wütend - vor allem aber ist Gaspar Noé’s 3D Film LOVE ist eine Geschichte über Erinnerung und Verlust.

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Gaspar Noés LOVE wurde in Cannes als der erste Arthouse-Porno gehandelt, und führte zu einiger Enttäuschung, vor allem bei Noé-Fans, die auf eine weitere Steigerung der Gewaltexzesse hofften, für die Noé neben seiner rauschhaften Kameratechnik auch berühmt ist, oder auf irgendeine andere „Provokation“. LOVE ist dabei weniger Provokation als ein logischer Schritt in Noés Filmografie. LOVE beginnt mit der gleichen Frage, die sich auch am Anfang von IRRÉVERSIBLE und INTO THE VOID stellte: Wie konnte es soweit kommen? Ein zärtlicher Handjob, dann erwacht Murphy, der nach Murphy‘s Gesetz benannt ist, durch das dissonante Vibrieren und Fiepen seines Mobiltelefons, neben einer anderen Frau. Der Anruf ist von der Mutter von Murphys Ex-Freundin Electra. Ihre Tochter ist seit zwei Monaten verschwunden. Während Noés typisch schwebende Kamera die Enge der winzigen Wohnung ertastet, verflucht Murphy sein Leben und die Frau, neben der es zu vergeuden meint. Murphy erinnert sich an die entscheidenden Momente, die dazu führten, dass er Electras Liebe verlor. „I´m a dick, and a dick has no brain, all a dick can do is fuck, and I fucked it all up“. LOVE besteht aus Flashbacks, längeren und kürzeren, die allmählich den Zusammenbruch beschwören. Neben den Gründen, die auch in Noés früheren Filmen in die Katastrophe führten – zu viel Drogen, zu viel männlicher Wahn - geht es hier natürlich auch um zu viel Sex als Kick. Noé zeigt reichlich zärtlichen, übermütigen, verzweifelten und wütenden Sex zu den größten Sleaze-Hits der Pop- und Klassikgeschichte - Funkadelics „Maggot Brain“ einerseits, Glen Goulds „Goldbergvariationen“ andererseits - und welchen, der in komisch-grotesken Einstellungen kulminiert, etwa wenn ein Penis aus der Leinwand heraus zu ejakulieren scheint, oder aus der Perspektive des Gebärmuttermunds in eine Vagina pumpt. Erstaunlich ist, wie brav der Sex gerade im Vergleich zum hemmungslosen Drogenverbrauch bleibt. Aber Noé geht es auch in den Sexszenen um den emotionalen Gehalt, um Schmerz und Rausch der Erinnerung, um räumliche und körperliche Intensitäten, die immer vom Verlust aus betrachtet werden.

Tom Dorow

Details

Originaltitel: Love
Frankreich/Belgien 2015, 134 min
Genre: Drama, Liebesgeschichte
Regie: Gaspar Noé
Drehbuch: Gaspar Noé
Kamera: Benoît Debie
Schnitt: Gaspar Noé, Denis Bedlow
Verleih: Alamode Filmverleih
Darsteller: Karl Glusman, Aomi Muyock, Klara Kristin, Juan Saavedra, Vincent Maraval
FSK: 18
Kinostart: 26.11.2015

Website
IMDB

Vorführungen

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