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Liebmann

Geheimnis eines Sommerfrischlers

Zwischen Nouvelle Vague, Kunstfilm und Mumblecore: Antek Liebmann verbringt den Sommer in einem kleinen Dorf in der Picardie. Ein Sommerfrischler? Ein Auswanderer? Einer, der flieht, vor irgendwas, vielleicht vor sich selbst?

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Im Wald geht ein Mörder um. Im Trödellager findet man allerlei Flohmarktkram, vielleicht aber auch die Liebe. Kunstperformance steckt ebenso im Film wie eine Strindberg-Passage. Und das Gefieder eines Pfaus kann als Metapher dienen: Von einer einzelnen Feder lässt sich keineswegs aufs Ganze schließen.
Antek Liebmann verbringt den Sommer in einem kleinen Dorf in der Picardie. Ein Sommerfrischler? Ein Auswanderer? Einer, der flieht, vor irgendwas, vielleicht vor sich selbst? Liebmann wohnt in einer kleinen Ferienkammer, seine Nachbarin freundet sich mit ihm an, ihre Tochter springt Seil. Liebmann ist freundlich, lässt aber nichts an sich ran. Liebmann: amour und homme heißt das, wird einmal erklärt. Tatsächlich findet er eine Liebe, Sébastien ist unglaublich sympathisch; doch auch dieser Liebe kann sich Liebmann nicht vollends öffnen. Doch sie hilft ihm, aus sich rauszukommen. Denn Liebmann birgt ein Geheimnis, ein schreckliches.
An wenigen Tagen hat Jules Herrmann das Drehbuch zu ihrem Langspielfilmdebüt skizziert, auf 27 Zetteln mit Szenenideen, die mit kleinem Team und sieben Darstellern in diesem französischen Dörfchen verwirklicht wurden – Godehard Giese, der Titeldarsteller, bringt sich voll ein in seiner Rolle, anders ist so ein kreativ-experimentelles Abenteuer gar nicht zu schaffen. Von der Machart ist LIEBMANN den German Mumblecore-Filmen nicht unähnlich – und doch anders. Nicht nur, weil der Film nicht in Berlin spielt; auch, weil das offen Improvisierte, das Komische im Tragikomischen heruntergeschraubt ist zugunsten einer klaren, tiefen Charakterisierung, interessiert gerade an den Splittern dieser Liebmann-Figur, mit der nichts vorangeht, in der alles vor sich geht. So viel, dass auch die formale Gestaltung des Films sich aufsplittert, in Farbspiele, mit Kostüm-Literaturverfilmungseinschüben, auch mit einem Buchstabenrätsel.

Harald Mühlbeyer

Details

Deutschland 2016, 82 min
Genre: Drama
Regie: Jules Herrmann
Drehbuch: Jules Herrmann
Kamera: Sebastian Egert
Schnitt: Jules Herrmann
Musik: Christian Halten
Verleih: missingFilms
Darsteller: Godehard Giese, Fabien Ara, Adeline Moreau, Bettina Grahs
FSK: 6
Kinostart: 26.01.2017

Website
IMDB

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