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Junges Licht

Zärtlichkeit und Trauma

Adolf Winkelmann, der große alte Ruhrpottfilmer (JEDE MENGE KOHLE) hat den Ruhrgebietsroman von Ralf Rothmann verfilmt. In einzelnen starken, nebeneinander stehenden Szenen entsteht ein komplexes, widersprüchliches, poetisches, hartes, zärtliches Panorama der 60er Jahre.

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Ein Heimatfilm. Adolf Winkelmann, der große alte Ruhrpottfilmer (DIE ABFAHRER, JEDE MENGE KOHLE, NORDKURVE) hat den Ruhrgebietsroman von Ralf Rothmann verfilmt. In einzelnen starken, nebeneinander stehenden Szenen entsteht ein poetisches, komplexes und widersprüchliches, hartes und zärtliches Panorama der 60er Jahre. Es ist Sommer, der Vater ist in der Zeche, der 12-jährige Julian hat Sommerferien, die Mutter dreht am Rad. Manchmal schlägt sie Julian, bis der Kochlöffel bricht. Manchmal kommt dann die Nachbarin unter einem Vorwand nach oben und fragt nach Zucker. Dann fährt Mutter mit der Kleinen zur Kur und die beiden Männer bleiben zurück. Es gibt jeden Tag Wurstbrote, manchmal karge Männergespräche, einmal einen Ausflug mit der frühreifen Nachbarstochter zu einem Kumpel des Vaters. Tagelang scheint Julian auf dem Balkon zu sitzen. Der Panoramaausblick: die Zeche. Eine diffuse Wärme liegt über den Bildern, vielleicht ist es aber auch nur der Staub in der Luft. Die Industriebauten sind gefilmt wie Naturwunder. Der Soundtrack erinnert von Ferne an Dylan. Nostalgisch ist JUNGES LICHT auf jeden Fall, aber nie sentimental. Schönheit und Härte, Zärtlichkeit und Trauma liegen dicht beieinander. Der Vater, für den Jungen Vorbild und Kumpel, brüllt die Mutter zusammen. Der Nachbar schenkt Julian eine Kamera und stellt ihm in dunklen Ecken nach. Die Mutter, ständig überfordert, hat einen Sinn für Humor. Im lakonischen Ruhrdeutsch kommt er immer wieder durch. Und ständig liegt ein Gefühl der Bedrohung in der Luft. Während oben der Alltag voran rumpelt, riskieren die Männer unter Tage ihr Leben und ihre Gesundheit. Souverän wechselt Winkelmann von Szene zu Szene, oft sogar innerhalb einer Szene, die emotionalen Register und springt dabei auch von Bunt zu Schwarzweiß, vom quadratischen Normalformat zum leinwandfüllenden Cinemascope.

Hendrike Bake

Details

Deutschland 2016, 122 min
Genre: Drama
Regie: Adolf Winkelmann
Drehbuch: Adolf Winkelmann
Kamera: David Slama
Schnitt: Rudi Heinen
Musik: Tommy Finke
Verleih: Weltkino Filmverleih
Darsteller: Peter Lohmeyer, Charly Hübner, Oscar Brose, Lina Beckmann, Magdalena Matz
FSK: 12
Kinostart: 12.05.2016

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