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Janis: Little Girl Blue

Unverwechselbare Reibeisenstimme

Ein recht konventionell angelegtes Künstlerporträt, dass man aufgrund vieler anrührender Originaldokumente dennoch mit dem Gefühl verlässt, den Menschen Janis Joplin tatsächlich ein Stück weit kennen gelernt zu haben.

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Die Country-Sängerin Lucinda Williams hat über die große Janis Joplin einen Song geschrieben. Er trägt den Titel „Difficult Child“. „I was a difficult child“, heißt es da, „right from the start”. In ihrem JANIS: LITTLE GIRL BLUE genannten Dokumentarfilm berichtet US-Regisseurin Amy Berg davon, dass die spätere Blues-Ikone bereits in ihrer Jugend im konservativen Texas angeeckt sei. Joplin, 1943 in Port Arthur geboren, fiel früh auf: Enge Kleidung, eine Frisur „wie ein Beatnik“, außerdem sei Janis für die Integration der Schwarzen eingetreten. Vor allem von Kerlen in ihrer Klasse und „angry men“, wie es heißt, wurde Joplin gemobbt. Kein Wunder, dass es die Sängerin mit der unverwechselbaren und ja, teils auch enervierenden Reibeisenstimme nach Kalifornien zog, wo ihre so intensive wie kurze Karriere (unsterbliche Songs wie „Me and Bobby McGee“, „Mercedes Benz“) ihren Lauf nimmt. Bald trifft sie auf Bob Dylan, dem sie erklärt: „Eines Tages werde ich berühmt sein“. Mit dem Ruhm aber ist Joplin, wie so viele andere Künstler auch, nicht gut zu recht gekommen. Mit 27 Jahren stirbt sie an einer Überdosis Heroin. Wunderbar, weil sehr passend, dass im Film Chan Marshall (Cat Power), die über eine ähnlich prägnante und kongeniale Stimme verfügt, Janis’ Briefe an ihre Familie vorträgt. Diesen und anderen, teils sehr anrührenden Originaldokumenten ist es zu verdanken, dass man LITTLE GIRL BLUE mit dem Gefühl verlässt, den Menschen Janis Joplin tatsächlich ein Stück weit kennen gelernt zu haben. Eine nicht eben kleine Leistung für ein recht konventionell angelegtes Künstler-Porträt - das im Übrigen weniger verstörend ist als AMY von Asif Kapadia, der in seiner, vergangenen Sommer gestarteten Doku zum tragischen Leben von Amy Winehouse Gefahr lief, genau jenen Voyeurismus zu bedienen, den er mit seinem Film eigentlich zu kritisieren suchte.

Matthias von Viereck

Details

USA 2015, 106 min
Genre: Dokumentarfilm
Regie: Amy Berg
Drehbuch: Amy Berg
Schnitt: Garret Price, Maya Hawke
Verleih: Arsenal Filmverleih
FSK: oA
Kinostart: 14.01.2016

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