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Ich heiße Ki

Rasende Alleinerziehende

Die Grenzen zwischen gesellschaftlicher Studie und individuellem Porträt, wie auch zwischen Drama und Komödie, verlaufen im ersten Spielfilm des Dokumentarfilmers Leszek Dawid fließend. Ki ist alleinerziehend und Anfang Zwanzig. Permanent überlastet aber unwillig auf irgendetwas zu verzichten, rast sie zwischen ihrem Job als Aktmodel in der Uni, dem Sozialamt, der WG, dem Kindergarten und der nächsten Party hin und her.

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„Das war hier mal eine harmonische Wohnung mit positiver Energie“ sagt Kis Freundin Dor zu ihr bevor sie endgültig auszieht. Ein paar Wochen zuvor hatte Ki sich von ihrem nutzlosen Verlobten Anton getrennt und war mit ihrem Sohn Piotr Hals über Kopf in die WG eingezogen. Hals über Kopf ist Kis bevorzugte Vorgehensweise. Permanent überlastet aber unwillig auf irgendetwas zu verzichten, rast Ki vom Job als Aktmodel in der Uni zum Sozialamt und schaut noch eben bei den Freundinnen vorbei, bevor sie nach Hause zum Sohn pest und eine Babysitterin für die Party am Abend klar macht. Nebenher versucht sie, ein Kunstprojekt fürs Studium auf die Reihe zu kriegen, verfeinert ihr knallbuntes Zwiebel-Outfit und eigentlich, das ist aber nicht vordringlich, wäre eine Beziehung auch schön. Ki hat überall Schulden und sie geht allen charmant auf die Nerven, vor allem weil sie ihren Sohn überall hin mitschleppt und auch gerne mal bei Bekannten abstellt. „Kannst du dich mal kurz um Pio kümmern?“ und weg ist sie. Dabei ist völlig offensichtlich, dass sie Pio heiß und innig liebt, aber auch der ist ein anstrengendes Kind. Die Grenzen zwischen gesellschaftlicher Studie und individuellem Porträt, wie auch zwischen Drama und Komödie, verlaufen im ersten Spielfilm des Dokumentarfilmers Leszek Dawid fließend. Kis Hyperaktivität ist auch Symptom einer Gesellschaft in der jung, hip und erfolgreich sein das Muttersein quasi ausschließt und Alleinerziehende in ein Paralleluniversum abgeschoben werden. Ki sieht nicht ein, sich das gefallen zu lassen. Ihre rabiate Einbeziehung der Umwelt ist ebenso aufdringlich wie Notwehr, oder wie es eine feministische Freundin mal kämpferisch formuliert: Terrorismus. Es ist diejenige, die auszieht, als Ki und Kind die Ordnung in der Küche stören.

Hendrike Bake

Details

Originaltitel: Ki
Polen 2011, 99 min
Genre: Drama
Regie: Leszek Dawid
Drehbuch: Pawel Ferdek
Kamera: Lukasz Gutt
Schnitt: Jaroslaw Kaminski
Musik: Patrycja Bukowska
Verleih: eksystent Filmverleih
Darsteller: Roma Gasiorowska, Adam Woronowicz, Kamil Malecki, Krzysztof Ogloza, Sylwia Juszczak
Kinostart: 26.11.2015

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IMDB

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