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Radiance

Aggregatzustände

RADIANCE erzählt die Geschichte der holprigen Annäherung zwischen einer jungen Frau, die Audiodeskriptionen für Filme macht, und einem Fotografen, der dabei ist zu erblinden.

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Naomi Kawases Filme erzählen sehr zart und sehr freundlich vom Umgang mit dem Unabänderlichen und von Beziehungen, die uns durchs Leben tragen. In RADIANCE schreibt die junge Misako Audiodeskriptionen für Spielfilme. Sie nimmt ihre Arbeit sehr ernst, immer wieder murmelt sie vor sich hin, was sie vor sich sieht, beschreibt eine Straßenszene oder spricht aus, was sie gerade tut. Die Probelesungen ihres aktuellen Projektes verlaufen allerdings wenig erfolgreich. Es handelt sich um einen Spielfilm über einen Mann, der seine Frau an Alzheimer verliert. Die Dialoge sind sparsam, vieles bleibt unausgesprochen. Misakos Beschreibungen sind den blinden Testhörerinnen und -hörern zuerst zu ausführlich, zu wertend, dann wieder zu kalt und knapp. Besonders kritisch ist Masaya Nakamori, ein Fotograf, der noch Reste von Sehfähigkeit hat, diese aber zusehends verliert. Zunächst ist Misako nur verärgert über die ruppige Behandlung, dann beginnt sie, sich mit Nakamoris Lage auseinander zu setzen und ihn etwas besser zu verstehen.
RADIANCE erzählt die Geschichte der holprigen Annäherung dieser beiden, ziemlich mit sich selbst Beschäftigten. Und er handelt, wie auch schon STILL THE WATER und KIRSCHBLÜTEN UND ROTE BOHNEN von der Auseinandersetzung mit einem Verlust. Vor allem aber ist RADIANCE eine Reflektion über die verschiedenen Aggregatzustände, die Vielgestaltigkeit des Kinos und des Lebens. In einer der schönsten Szenen des Films fällt Sonnenlicht in ein Zimmer. Es spiegelt sich in einem Prisma und macht hübsche Muster an der Wand. Muster, die Nakamori nie wieder wird sehen können. Dann beschreibt Misako die Art, wie das Licht ins Zimmer fällt, für ihn. Eine Art Lichtgedicht, eine akustische Erfahrung. Und schließlich sieht man das Licht auf sein Gesicht fallen. Die Sonne ist ebenso zu spüren, wie sie zu sehen ist. Bei allem Schmerz, so scheint Kawases Überzeugung, ist doch nichts je vollständig verloren.

Hendrike Bake

Details

Originaltitel: Hikari
Frankreich/Japan 2017, 101 min
Genre: Drama, Romance
Regie: Naomi Kawase
Drehbuch: Naomi Kawase
Schnitt: Tina Baz
Verleih: Concorde Filmverleih
Darsteller: Masatoshi Nagase, Tatsuya Fuji, Noémie Nakai, Ayame Misaki
FSK: oA
Kinostart: 14.09.2017

Website
IMDB

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