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Ghost in the Shell

Ende der Cyborg-Utopie

Remake des japanischen Cyborg-Anime-Klassikers. Die 3D-Effekte gehören zum Besten, was es bisher zu sehen gab. Die Philosophie ist allerdings eher dystopisch-konservativ - vielleicht sind es nicht mehr die Zeiten für Cyber-Utopien.

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Die Debatte um die Besetzung nahezu aller Hauptrollen in dem US-chinesischen Realfilm-CGI-Remake des japanischen Anime-Klassiker GHOST IN THE SHELL mit weißen Schauspielern mal beiseite: Im neuen GHOST hat sich die Perspektive radikal gedreht. 1995 wirkte GHOST IN THE SHELL wie die Filmversion von Donna Haraways zehn Jahre früher erschienenen feministischen „Manifest für Cyborgs“, in der Haraway einen neuen ironischen Mythos vom Cyborg als multigeschlechtlich konstruiertes gesellschaftliches Wesen erfand. GHOST war eine kybernetische Utopie, in der sich Cyborg Major Motoko Kusanagi schließlich entschloss, ihre menschliche Rest-Identität aufzugeben und in ein virtuelles Netzwerkwesen zu evolvieren. Ihr Widersacher und späterer Verbündeter war ein geschlechtsloses Cyber-Wesen. Ein Jahr zuvor war mit Mosaic (heute Mozilla Firefox) der erste Webbrowser erschienen und der Traum von einer künstlichen Netzwerkintelligenz schien zum Greifen nah. Heute scheint klar, dass das Netzwerk vor allem Kartelle, Katzenvideos und Nazis hervorgebracht hat, aber keine besondere Intelligenz.
Major hat in der neuen Version keinen Namen, Motoko Kusanagi ist von Anfang an tot. Wie Data in STAR TREK und der ROBOCOP sucht Major ihre menschliche Identität. Ihr Widersacher ist keine evolvierte Netzwerkintelligenz, sondern nur ein weiteres Experiment der Corporation, die auch Major produziert hat - und ohne Zweifel ein Mann. Die Utopie ist erledigt, Hollywood singt das alte Lied davon, dass man sich zum Menschsein entschließen muss. Ansonsten sieht das oft sehr gut aus. Die beindruckenden Aquarell-Hintergründe im alten GHOST sind durch mit Hologrammen überladene Hi-Tech-Stadtlandschaften ersetzt worden, die 3D-Effekte gehören zum Besten, was es bisher zu sehen gab. Der neue GHOST ist unterhaltsam und spannend. Die Philosophie ist allerdings eher deprimierend. Aber vielleicht sind es nicht mehr die Zeiten für Cyber-Utopien.

Tom Dorow

Details

USA 2017, 107 min
Genre: Action, Drama, Science-Fiction
Regie: Rupert Sanders
Drehbuch: Jamie Moss, Jonathan Herman
Kamera: Jess Hall
Schnitt: Neil Smith
Verleih: Paramount Pictures
Darsteller: Scarlett Johansson, Michael Pitt, Michael Wincott, Juliette Binoche, Takeshi Kitano
FSK: 16
Kinostart: 30.03.2017

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