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Feriado. Erste Liebe

Welt auf dem Kopf

1999 kollabiert nach einem Korruptionsskandal das Bankensystem in Ecuador. Inmitten dieser Unruhen, die die weiße Oberschicht und die Indios aufeinander prallen lassen, verguckt sich der 16-jährige Bügersohn Juan Pablo (Juan Manuel Arregui) in Juano (Diego Andrés Paredes) aus dem nahegelegenen Pueblo.

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1999 kollabiert nach einem Korruptionsskandal das Bankensystem in Ecuador. Inmitten dieser Unruhen, die die weiße Oberschicht und die Indios aufeinander prallen lassen, verguckt sich der 16-jährige Bürgersohn Juan Pablo (Juan Manuel Arregui) in Juano (Diego Andrés Paredes) aus dem nahegelegenen Pueblo. Das ist das Ausgangssetting für Diego Araujos Debütfilm FERIADO. ERSTE LIEBE, der unaufgeregt und nah an seinen Figuren eine zarte Coming-of-Age-Geschichte erzählt: Eher unfreiwillig verbringt Juan Pablo die Ferien in den Anden bei seinem Onkel, der mit skandalösen Bankgeschäften viele andere, wie etwa Juanos Familie, ins Unglück gestürzt hat. Doch das lässt Araujo nur häppchenweise über körnige Fernseharchivbilder und die sorgenvollen Gesichter der weißen Oberschicht, die nicht um ihr Ansehen sondern auch um Hab und Gut zittert, in seine Geschichte einfließen. Ebenfalls nur am Rande thematisiert Araujo den ecuadorianischen Black Metal, der irgendwann zum Bindeglied zwischen den Teenagern wird. Im Vordergrund steht Juan Pablos Gefühlswelt. Mit unsicherem und stets nach Antworten suchendem Blick verkörpert Arregui Juan Pablo überzeugend als zurückhaltenden und nachdenklichen Jungen. Araujo bleibt mit der Kamera dicht an seinem Protagonisten und lässt den Zuschauer immer wieder sehen, was Juan Pablo sieht, etwa wenn er mit Juano am Fluss liegt und sein Blick nervös dessen nackten Körper erkundet. Dann erkunden wir mit ihm mit. Dass die Welt des Teenagers sprichwörtlich Kopf steht – nicht nur wegen der beunruhigenden politischen Lage in Ecuador, sondern vor allem wegen seiner erwachenden Sexualität –setzt Araujo ohne dies überzustrapazieren auch gekonnt im Bild um und lässt die Anden tatsächlich Kopf stehen. FERIADO ist ein unaufdringlicher Film über eine aus den Fugen geratene Welt, taktvoll und wunderschön.

Eileen Reukauf

Details

Originaltitel: Feriado
Norwegen/Ecuador 2014, 82 min
Genre: Drama
Regie: Diego Araujo
Drehbuch: Diego Araujo
Kamera: Magela Crosignani
Schnitt: Julián Giulianelli
Musik: Daniele Luppi
Verleih: GMfilms
Darsteller: Juan Arregui, Diego Andrés Paredes, Manuela Merchán, Canela Samaniego, Irwin Ortiz, Francis Pérez Uscococivh, Pepe Alvear, Peki Andino
FSK: 12
Kinostart: 19.02.2015

Website
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