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Eat, Sleep, Die

Proletarische Tragikomödie aus Schweden

Als die gläubige Muslima Rasa ihren Job verliert, steht sie ohne Schulabschluss auf der Straße. Und als ihr Vater ihr eröffnet, dass er für längere Zeit nach Norwegen verreist, verliert sie den letzten Halt. Zeit für Rasa, neuen Lebenssinn zu suchen.

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Die 21-jährige Raşa arbeitet in einer Gemüseverpackungsfabrik in Schweden. Sie kann 175 Gramm Feldsalat mit der linken Hand fast aufs Gramm genau abwiegen und benötigt 4,5 Sekunden, um einen Salat zu verpacken. Trotzdem wird sie entlassen, als die Firma in der Krise steckt. Ihr Vater kann wegen seiner Rücken- und Knieschmerzen eigentlich nicht mehr arbeiten, beschließt aber trotzdem, einen Knochenjob in Norwegen anzunehmen. Bei aller Härte des Alltags und bei allen Enttäuschungen, die Raşa in einem idiotischen Selbstbewusstseins-Kurs der Arbeitsamt und auf ihrer unermüdlichen Arbeitssuche erlebt, interessiert sich der Film vor allem für ihre Kraft, Menschlichkeit und für die Talente, die sie selbst nicht einmal erkennt: Raşa kann gut mit Leuten. Aber sie ist halt keine Führungskraft, sonst wären das „social skills“. Die Zuneigung, mit der Gabriele Pichler ihre Figuren in EAT SLEEP DIE behandelt, erinnert an die zärtlichen proletarischen Tragikomödien von Mike Leigh. Jenseits der harten Realitäten gibt es Freundlichkeit, Humor und Liebe zwischen Raşa und ihren Freunden. Pichler stammt selbst aus einer bosnischen Familie, die in Schweden lebt und arbeitete in einer Keksfabrik, bevor sie auf die Filmhochschule ging. Ihre genaue Kenntnis dessen, wovon sie erzählt, ist in jeder Szene zu spüren. Etwa wenn Raşa eine Studentin, die als Aushilfe in der Fabrik beginnt, einarbeiten soll, und sie ihre Unsicherheit hinter Verachtung und lässiger Angeberei versteckt. Die beiden werden keine Freundinnen, schon, weil sie verschiedenen Klassen angehören. Oder wenn Raşas Kollegen sich mit ihr über ihre Entlassung unterhalten und zunächst Lohndumping durch ausländische Arbeiter und schließlich „die Muslime“ verantwortlich machen Raşa ist nicht politisch, sondern persönlich gekränkt: „Das darfst du nicht sagen, Papa und ich sind auch Muslime.“

Tom Dorow

Details

Originaltitel: Äta sova dö
S 2012, 104 min
Genre: Drama
Regie: Gabriela Pichler
Drehbuch: Gabriela Pichler
Verleih: Eclipse
Darsteller: Nermina Lukac, Jonathan Lampinen, Milan Dragisic
Kinostart: 20.03.2014

Vorführungen

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