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Die Maisinsel

Mythos vor Flußlandschaft

Jedes Frühjahr entstehen im Grenzfluss Enguri, der Abchasien und Georgien trennt, natürliche Inseln, die nur wenige Monate existieren. In der allegorischen Erzählung DIE MAISINSEL besiedeln ein alter Mann und eine junge Frau eine der Inseln und bauen dort, den Umständen zum Trotz, Mais an.

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Im Schatten des Ukraine-Konflikts ist Russland auch in diverse andere regionale Streitfälle verstrickt, die sich auf dem Gebiet ehemaliger Sowjetrepubliken abspielen. Im westlichen Georgien etwa hat sich vor Jahren die Region Abchasien mit russsicher Unterstützung unabhängig erklärt, was zu kurzen, blutigen Scharmützeln und einer bis heute ungeklärten Lage führte. Dieser Konflikt ist Hintergrund für George Ovashvili allegorischen Film DIE MAISINSEL, der von natürlichen Inseln erzählt, die jedes Frühjahr im Grenzfluss Enguri entstehen. Aus Gesteinsbrocken und Erde, die aus dem Kaukasus ins Schwarze Meer geschwemmt werden, bilden sich Inseln, die nur wenige Monate existieren, bevor sie von der Strömung zerstört werden. Ovashili überhöht dieses Naturereignis, von dem nicht klar ist, ob es fiktiv oder real ist, durch seine karge Inszenierung zu mythischen Dimensionen: Ein alter Mann beginnt zu Beginn des Films eine dieser winzigen Inseln zu besiedeln, baut eine Hütte, pflanzt dann Mais an, unterstützt von einem jungen Mädchen, das möglicherweise seine Enkelin ist. Gesprochen wird so gut wie gar nicht, auch nicht mit den Soldaten beider Seiten, die immer wieder an den jeweiligen Ufern auftauchen oder auf Booten vorbeifahren. Ohnehin passiert recht wenig in den 100 Minuten dieses Films und doch wird von den großen Fragen erzählt: Dem Kreislauf des Lebens, dem Entstehen und Vergehen, dem Kampf gegen die Umwelt, dem mühsamen Abringen von fruchtbarem Land. All das schildert Ovashvili auf bisweilen enigmatische, aber faszinierende Weise, nicht zuletzt dank einer brillanten Kamera. Ende spielt die georgische Gegenwart kaum noch eine Rolle, überzeugt DIE MAISINSEL weniger als politischer Film, denn als allegorische Beschreibung der menschlichen Existenz.

Michael Meyns

Details

Originaltitel: Simindis kundzuli
Georgien 2014, 100 min
Genre: Drama
Regie: George Ovashvili
Drehbuch: George Ovashvili, Mugzar Shataidze, Roelof Jan Minneboo
Kamera: Elemér Ragályi
Schnitt: Sun-min Kim
Musik: Iosif Bardanashvili
Verleih: Neue Visionen
Darsteller: Ilyas Salman, Tamer Levent, Mariam Buturishvili
FSK: oA
Kinostart: 28.05.2015

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