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Der Mann aus dem Eis

Steinzeitwestern

Der erste Ötzi-Film vermischt die wenigen verbürgten Fakten über den Jungsteinzeitmenschen mit einer fiktionalen Geschichte um Unrecht und Vergeltung

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Was würde der nach seinem Fundort in den Ötztaler Alpen benannte Ötzi wohl dazu sagen, dass er über 5000 Jahre nach seinem Tod zum Helden eines Kinoabenteuers avanciert – und dass Jürgen Vogel ihn verkörpert? Ginge es nach Regisseur und Autor Felix Randau, würde er sich in einer Frühform des Rätischen äußern. Ein zu Rate gezogener Linguist kam nämlich zu dem Schluss, dass die Menschen der Jungsteinzeit so gesprochen haben könnten (klingt im Kino wie eine Mischung aus Rufen und Grunzen). Auf eine Untertitelung der rar gesäten Dialoge wurde verzichtet, weil die Interaktionen auch so universell verständlich sind. Der erste Ötzi-Film vermischt die wenigen verbürgten Fakten mit einer fiktionalen Geschichte. Fest steht: Der historische Gletschermann wurde hinterrücks mit einem Pfeil getötet. Von diesem Endpunkt aus rekonstruiert Randau die möglichen letzten Tage des Manns, die sich so oder so ähnlich zugetragen haben könnten: Während Kelab auf der Jagd ist, töten drei Männer (darunter André Hennicke) in brachialer CONAN-Manier seine Familie und brennen seine Hütte nieder. Kelab nimmt die Fährte der Aggressoren auf und macht sich unterwegs selbst schuldig. DER MANN AUS DEM EIS funktioniert wie ein Western, und es ist wohl kein Zufall, dass der aus Italowestern wie DJANGO und KEOMA bekannte Franco Nero einen Gastauftritt absolviert. Vieles am Film erinnert an Iñárritus THE REVENANT: Die Natur ist unwirtlich und der unter verfilzten langen Haaren, Vollbart und Bärenfell kaum wiederzuerkennende Jürgen Vogel schmeißt sich mit vollem Körpereinsatz in die Rolle. Er schreit, wenn es weh tut, erschnuppert seine Umwelt und knüppelt auf feindlich gesinnte „Ötzis“ ein. Mit seinem archaischen, stellenweise arg brutalen und durchweg kompetent gefilmten Racheplot wandelt DER MANN AUS DEM EIS auf Genrepfaden.

Christian Horn

Details

Deutschland/Italien/Österreich 2017, 97 min
Genre: Action, Historienfilm
Regie: Felix Randau
Drehbuch: Felix Randau
Kamera: Jakub Bejnarowicz
Schnitt: Vessela Martschewski
Verleih: Port-au-Prince
Darsteller: Jürgen Vogel, André Hennicke, Susanne Wuest, Franco Nero, Sabin Tambrea
FSK: 12
Kinostart: 30.11.2017

Website
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