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Das Ende ist erst der Anfang

Altersmilde Gangster vor Brachland

Die Randständigen, die Minderbemittelten, die altersmilden Gangster, alle finden irgendwie ihren Weg in den apokalyptischen Brachlandschaften von Bouli Lanners verschrobenem Roadmovie.

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LES PREMIERS, LES DERNIERS lautet der Originaltitel, eine Anspielung auf das Bibelwort von den Ersten, die die Letzten sein werden – tatsächlich spielt Jesus, inklusive Wundmal in der Hand, eine nicht unwichtige Rolle in diesem Film. Eine Art schwarze Komödie ohne konkrete Komik, in die das Absurde und Existentielle hineinspielt – zugleich so etwas wie eine Endzeitvision. Das Ende der Welt ist stets eine Möglichkeit, Handlungsort ist eine apokalyptische Landschaft, unendliche Weiten von brachliegenden Feldern, durch die eine außerweltliche Betonbrücke führt. Und: Das ist alles real. Die Brücke besteht aus den Überresten einer längst aufgegebenen Einschienenbahn, an ihr entlang führt der Weg des Liebespaares Esther und Willy. Das sind zwei Zurückgebliebene, aus der Anstalt entkommen und auf der Suche nach Esthers Kind. Unterwegs nehmen sie in aller Unschuld das, was sie brauchen, in Hotels mit. Dummerweise auch das Handy eines Gangsters mit sehr sensiblen Infos. Den Auftrag der Wiederbeschaffung übernehmen Gilou und Cochise – Gilou gespielt von Bouli Lanners, der auch Buch und Regie verantwortet und so etwas wie ein Monolith im französischsprachigen Kino ist. Hier, in seiner vierten Langfilmregie, bringt er alles unter, was seine Besonderheit ausmacht: Das Skurrile, das im Alltäglichen wurzelt, das Sonderbare, dem man am Wegesrand begegnet, die untergründige Ironie, die nicht auf direkte Pointen setzt, das Abgründige, dem man wenn, dann nur im Miteinander entkommen kann. Und den Sinn fürs Bildhafte, für das Mythische, das im Unterwegssein seine höchste Ausgestaltung findet. Das Finale des Films – Gangster gegen Gangster – ist ganz im Nebenbei gezeigt, ein Showdown, der gar nicht mehr wichtig ist. Wichtig ist, dass alle ihren Weg finden, die Randständigen, die Minderbemittelten, die altersmilden Gangster, alle, die irgendwo die Letzten sind.

Harald Mühlbeyer

Details

Originaltitel: Les premiers, les derniers
Frankreich, Belgien 2016, 98 min
Genre: Tragikomödie
Regie: Bouli Lanners
Drehbuch: Bouli Lanners
Kamera: Jean-Paul de Zaetijd
Verleih: NFP marketing & distribution
Darsteller: Michael Lonsdale, Albert Dupontel, Max von Sydow, Bouli Lanners, Suzanne Clément
FSK: 12
Kinostart: 11.05.2017

Website
IMDB

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